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Theater in der Josefstadt
Premiere: 15.03.2025

Matthew López

Das Vermächtnis

Österreichische Erstaufführung

Frei nach dem Roman „Howards End“ von E. M. Forster
Aus dem Amerikanischen von Hannes Becker

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Bitte beachten Sie:
Im Stück werden unter anderem sexualisierte Gewalt, Suizid und Drogenmissbrauch thematisiert.
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Wenn wir nicht länger mit unserer Vergangenheit im Gespräch sein können, was wird dann unsere Zukunft sein? Wer sind wir? Und noch wichtiger: Wer werden wir werden?

Der sympathische Intellektuelle Eric Glass bewohnt mit seinem langjährigen Freund, dem Schriftsteller Toby Darling ein luxuriöses Apartment auf der Upper Westside in New York. Die bevorstehende Hochzeit wird durch den drohenden Verlust des Apartments und Tobys Besessenheit vom jungen Schauspieler Adam erschüttert. Und als wäre das nicht genug, gewinnt im Herbst 2016, nach acht Jahren Obama-Regierung, unerwartet Donald Trump die Präsidentschaftswahlen. Erics Freundeskreis ist in Aufruhr!

Während Toby mit allen Mitteln versucht, seiner schwierigen Vergangenheit zu entfliehen, begibt sich Eric bewusst auf die Suche nach seiner Verantwortung als Teil der Gay-Community.

Der Amerikaner Matthew López hat mit seinem vielfach ausgezeichneten Opus Magnum ein mitreißendes Drei-Generationen-Drama über das Leben homosexueller Männer während und nach der großen HIV-Epidemie geschaffen. Ein universelles Epos über das Erbe und die Fragilität von Menschenrechten, das das Publikum über mehrere Stunden in Bann hält.

Zum Autor
Geboren in Panama City, US-Bundestaat Florida, studierte Matthew López Theater- und Performancekunst an der University of Southern Florida. Für sein Debütstück The Whipping Man wurde López bereits mehrfach ausgezeichnet. 2018 begann sein 300 Seiten umfassendes Opus Magnum The Inheritance (Das Vermächtnis) am Young Vic Theatre in London seinen Siegeszug, wechselte ans Londoner West End, die Broadway-Premiere der US-Version folgte 2019. The Inheritance wurde für insgesamt acht Olivier Awards nominiert und gewann vier; u. a. in der Kategorie „Best New Play“. Außerdem wurde es mit dem Whatsonstage Award in der Kategorie „Best New Play“ (2019), dem Drama Desk Award in der Kategorie „Outstanding Play“ (2020) und schließlich sogar mit dem Tony Award in der Kategorie „Best Play“ (2021) ausgezeichnet. Matthew López ist Mitglied der Ars Nova Writers’ Group, Stipendiat des New York Theatre Workshop und arbeitete als Staff-Writer für die erfolgreiche HBO-Serie The Newsroom.

Vorstellungsdauer und Möglichkeiten:
Das Stück besteht aus zwei Teilen. An Wochenenden haben Sie die Möglichkeit, beide Teile als Doppelvorstellung zu sehen. An Wochentagen zeigen wir die Teile einzeln.
Gesamtlänge der Doppelvorstellung: circa 7 Stunden, inklusive 3 Pausen.

Vorstellungsdauer doppelte Version:
Aufführungsdauer 1. Teil: 3 Stunden (inkl. einer Pause von 20 Minuten)
Lange Pause dazwischen: circa 50 Minuten
Aufführungsdauer 2. Teil: 3 Stunden (inkl. einer Pause von 20 Minuten)

Vorstellungsdauer geteilte Version:
Teil 1: ca. 3 Stunden, 5 Minuten (Pause nach ca. 82 Minuten)
Teil 2: ca. 3 Stunden, 5 Minuten (Pause nach ca. 103 Minuten)

Regisseur Elmar Goerden ist bei dem personenreichen Stück von Matthew López gelungen, was unbedingt notwendig ist, um den Theater-Marathon, der am Nachmittag um 15 Uhr begonnen hatte und über zwei kürzere und eine lange Pause in die Nacht geführt hatte, ohne lähmende Müdigkeitsattacken zu überstehen: Er konzentrierte sich ganz auf sein 12-köpfiges Ensemble und die rund 30 Rollen. Die vom glänzenden Ensemble vermittelten Emotionen brauchen keine Unterstützung. Raphael von Bargen als egoistischer, großkotziger Toby und Martin Niedermair als gebildeter, feinfühliger Gutmensch Eric sind das Kraftzentrum der Aufführung. Rund um sie entwickelt sich ein episodenreiches Abhängigkeits- und Beziehungsgeflecht, in dem Schauspieltalente und Strichjungen (Nils Arztmann in einer fulminanten Doppelrolle) sowie ältere Vorbilder und Mentoren (Joseph Lorenz überzeugt als republikanisch wählender Immobilienhai, Marcello de Nardo als Veteran der einstigen wilden Clubszene) ebenso vertreten sind wie schwule Väter mit adoptiertem Baby (Romans Schmelzer und Tomas Frank) oder Aktivisten und verwöhnte Jungs (Jan Thümer, Tobias Reinthaller und Julian Valerio Rehrl).
(APA)

Regisseur Elmar Goerden hält den Sechsstünder mit zunehmender Spannung am Laufen. Man will sich von diesem vielschichtigen Drama und seinen hoch temperierten Figuren alsbald nicht mehr losreißen, wenn man einmal "hineingekippt" ist. Das Vermächtnis erreicht in ruhigeren Erzählbahnen auf eindrückliche Weise eine historische Tiefe. Das ungleiche Paar Eric (gefühlvoll, aber kontrolliert: Martin Niedermair) und Toby (immer am Anschlag: Raphael von Bargen) wohnt mit Mietpreisdeckelung in Manhattan, wo es regelmäßig seine Freunde empfängt: die auf Familiengründung zusteuernden Jasons (Roman Schmelzer und Thomas Frank als knuffiges Paar), den strengen Jasper (Jan Thümer) oder den lebenslustigen Arzt Tristan (Marcello De Nardo). Für das soignierte Paar Walter und Henry, das bereits 36 gemeinsame Jahre hinter sich hat, finden Ulrich Reinthaller und Joseph Lorenz jeweils profunde Tiefenschärfe, die im Inneren fest eingesickerte Ängste und Schmerzen erahnbar werden lässt. Zum Manhattaner Freundeskreis zählt auch Adam, ein Rich Kid und Möchtegernschauspieler, der mit seiner jugendlichen Echtheit und Verletzlichkeit alle verzaubert. Nils Artmann erspielt hier – gespiegelt in der Figur des obdachlosen Sexarbeiters Leo – eine Doppelrolle, die man nicht so schnell vergisst.
(Der Standard)

Das Stück, ja Epos, des gefeierten US-Dramatikers Matthew López hat alle Ingredienzen einer erfolgreichen Netflix-Serie. Die Themen von „Das Vermächtnis“ sind Liebe, Hoffnung, Angst, Verlangen, Eifersucht und so weiter. Das Theater in der Josefstadt brachte dieses gekonnt mit den Emotionen des Publikums spielende Well-made-Play – zu Beginn gibt es viel zu lachen, am Schluss viel zu heulen – nun tatsächlich wie eine Netflix-Serie (Synchronisation von Wenzel Lüdecke) auf die Bühne: in sechs Folgen mit einer Gesamtdauer von siebeneinhalb Stunden inklusive dreier Pausen.
Regisseur Elmar Goerden ist Herausragendes geglückt – zusammen mit einem grandiosen Ensemble. Er lässt zunächst erstaunlich viel Zeit verstreichen, bis sich die eher karge Bühne – Silvia Merlo und Ulf Stengl zimmerten eine abstrakte Landschaft mit Podesten, Stufen und Ebenen – erleuchtet. Dann schält sich die Handlung sehr geschickt aus dem Prolog heraus. Im Mittelpunkt stehen von Anfang an Toby Darling und Eric Glass. Der eine, ein Autor und ruppiger Egomane, genießt das Leben in vollen Zügen. Der Darling aber ist der andere: ein ungemein smarter Kerl mit jüdischen Wurzeln, hilfsbereit, gebildet, attraktiv, reflektiert – wie aus dem Bilderbuch. Martin Niedermair fliegen denn auch die Herzen aller Männer zu. Zudem erweist sich sein Eric als aufopfernde Florence Nightingale.
Raphael von Bargen beeindruckt – als ungleich vielschichtigere Figur, die sich nicht der Vergangenheit stellen, sondern sie im Alkohol ertränken will. Joseph Lorenz spielt den eiskalten Unternehmer, der erst lernen muss, seine Gefühle zu zeigen unglaublich überzeugend.
Die banalen Projektionen wie die Farbflächen aus Licht im Hintergrund werden weniger, und Andrea Jonasson zieht mit ihrem Monolog einer alten Mutter, die ihren Sohn einst vor der Homosexualität bewahren wollte und dann dessen HIV-Tod wie eine griechische Troja-Heldin beklagen musste, in ihren Bann.
(KURIER)

Die Dialoge sprühen vor Witz, die Gestalten sind plastisch, die Schicksale können berühren. Elf Herren, ermutigt durch zwölf Statisten, beweisen bewundernswerte Kondition. Den stärksten Eindruck hinterlassen Raphael von Bargen, Nils Arztmann, der skurrile Marcello de Nardo und der Zwischentonvirtuose Joseph Lorenz. Und ganz zuletzt, die große Andrea Jonasson.
(Kronen Zeitung)

Dem Regisseur Elmar Goerden gelingt es im Wiener Theater in der Josefstadt, ein Drei-Generationen-Drama von Schwulen in New York wie in einer fesselnden Netflix-Serie zu zeigen. Dem Publikum wird nicht langweilig, es ist beeindruckt und fragt sich in den Pausen, die wegen der Länge notwendig sind, wie es weitergeht. Das Stück thematisiert die HIV-Epidemie in den 1980er Jahren und spielt bis in die Gegenwart, in der US-Präsident Donald Trump mit den Worten „machen wir Amerika grösser, machen wir Amerika stolzer“ zu hören ist. „Das Vermächtnis“ ist aber auch ein Stück über gebrochene Herzen und schwule Traumata, von Liebe und Solidarität. Anders als Heteros haben schwule Männer oft viele Traumata erlebt. Das Drama zeigt auch, dass Traumata geheilt werden können und dass es sich lohnt, Gefühle nicht zu unterdrücken und sich auf die Liebe einzulassen. Die schauspielerische Leistung bei dem siebenstündigen Theater-Marathon ist grossartig.
(Mannschaft.com)

"Das Vermächtnis" ist im besten Sinne kein komplizierter Stoff, er besteht aus gleichen Teilen aus Showing und Telling. Man kann der Geschichte und den Figuren einfach folgen, es gibt ein beständiges Auf und Ab aus traurigen, fröhlichen und lustigen Momenten, kalkulierte Höhepunkte und Überraschungen inbegriffen. "Das Vermächtnis" fühlt sich eher an, wie vier Folgen einer Netflix-Serie hintereinander zu schauen. Elmar Goerden kann sich auf ein herausragendes Ensemble verlassen, allen voran Martin Niedermair als sensibler Eric, der sich selbst unterschätzt, und Raphael von Bargen als bemitleidenswertes Arschloch Toby. Nils Arztmann brilliert in seiner Doppelrolle als Adam und Leo, und Marcello De Nardo beweist eine enorme Wandlungsfähigkeit als Arzt Tristan und DJ auf Fire Island. "Das Vermächtnis" findet in der Josefstadt eine gelungene Balance aus Tragik und Komik, aus politischer Diskussion und dem Nachdenken über die eigene Verantwortung, aus den Schmerzen, die uns lange begleiten, und der Heilung, die wir suchen. Es sind, auch wenn das schwer zu glauben ist, wenn man es nicht selbst erlebt, kurzweilige sieben Stunden voller Intensität und schwuler Zeitgeschichte.
(queer.de)

Vor zehn Jahren hätte es das im Theater in der Josefstadt nicht gegeben: Szenenapplaus nach einer schwulen Sexszene. Sie ist abstrakt dargestellt. Die beiden Männer stehen, bekleidet, in großem Abstand zueinander an der Bühnenrampe, rechts Martin Niedermair in der Hauptrolle des New Yorker Mittelschichtlers Eric Glass, 33, links Raphael von Bargen als sein Partner, der exzentrische Emporkömmling und Autor Toby Darling. Ihr äußerst witziger Dialog mündet in einen Heiratsantrag – und in einen Orgasmus. Das Publikum gratuliert. Es ist kurz nach 15 Uhr, die Premiere beider Teile von Matthew López’ „Das Vermächtnis“ hat gerade erst begonnen. Als sie siebeneinhalb Stunden später endet, ist die Stimmung weniger heiter, die Begeisterung aber ungebrochen. Die Leute springen von ihren Sesseln. Auch das ist in der Josefstadt selten. Man darf in eine Erfahrung eintauchen, die vielfach mit dem Binge-Watching von Serien verglichen worden ist. Zu Recht, dennoch handelt es sich eindeutig um Theater. Die Figuren sprechen bisweilen in der Vergangenheitsform und der dritten Person über sich und andere, bevor sie in Dialoge eintreten. „Das Vermächtnis“ ist ein Abend, der das Ensemble zum Aufblühen bringt. Nils Arztmann fasziniert in der Doppelrolle als reicher und armer Jüngling – in einer besonders berückenden Szene verschmelzen die beiden höchst unterschiedlichen Personen in ihm. Sieger des Marathons ist aber Martin Niedermair. Als Eric Glass schafft Niedermair scheinbar mühelos Identifikationspotenzial und großes – nein, eben nicht Kino, sondern Theater.
(Falter)

Matthew López’ gefeiertes Drama über die schwule Community New Yorks feiert in der Josefstadt eine beeindruckende Premiere. Regisseur Elmar Goerden bringt das monumentale Werk, eine mitreißende, emotionale Geschichte über Liebe, Verlust und das Erbe der queeren Bewegung, mit einem exzellenten Ensemble auf die Bühne.
Im Zentrum des Geschehens stehen Eric Glass und Toby Darling, ein ungleiches Paar, das seit sieben Jahren zusammenlebt. Martin Niedermair spielt Eric mit zurückhaltender Sensibilität – als moralischen Anker der Geschichte, der sich selbstlos um andere kümmert. Raphael von Bargen gibt Toby als charismatischen, aber selbstbezogenen Schriftsteller, dessen Ehrgeiz und Egoismus seine Beziehungen immer wieder auf die Probe stellen. Die beiden Schauspieler bilden das emotionale Kraftzentrum der Inszenierung und überzeugen mit ihrer nuancierten Darstellung. Nils Artmann brilliert in einer Doppelrolle als verwöhnter Schauspieler Adam und als obdachloser Sexarbeiter Leo. Besonders als Leo hinterlässt er einen starken Eindruck: Sein gebeugter Körper und seine gebrochene Stimme verleihen der Figur eine erschütternde Verletzlichkeit. Auch die ältere Generation ist hervorragend besetzt: Joseph Lorenz verkörpert den wohlhabenden Immobilienmogul Henry Wilcox mit kühler Eleganz, während Ulrich Reinthaller als sein langjähriger Partner Walter mit tiefgehender Melancholie beeindruckt. In Rückblenden erscheinen die beiden als junge Männer, gespielt von Julian Valerio Rehrl und Tobias Reinthaller – eine gelungene Parallelführung zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Einen besonders bewegenden Moment bietet Andrea Jonasson in ihrem kurzen, aber intensiven Auftritt als Margaret, die Mutter eines an AIDS verstorbenen Sohnes. Ihr Monolog über Schuld und Verlust bildet einen der emotionalen Höhepunkte des Abends.
Mit „Das Vermächtnis“ bringt die Josefstadt eine außergewöhnliche Inszenierung auf die Bühne, die sowohl intellektuell herausfordert als auch emotional berührt. Die starke Ensembleleistung, die kluge Regie und die universellen Themen machen das Stück zu einem Theaterereignis, das lange nachhallt.
(GGG.at)

In mehr als sieben Stunden (mit ausreichend Pausen) fächern Regisseur Elmar Goerden und das Ensemble ein Gesellschaftspanorama auf, das vordergründig von schwulen Männern in New York erzählt, im Kern aber die Frage behandelt, was es bedeutet, ein Mensch zu sein. Martin Niedermair spielt Eric voller Nuancen. Ein hochsensibler Mann, der Harmonie sucht und sich selbst dabei vergisst, der vieles verlieren wird, doch schließlich zu sich und in sein Leben findet. Hervorragend gelingt Niedermair die Gratwanderung, das Melodramatische nicht ins Sentimentale abdriften zu lassen. Als verzweifelt-lebensgieriger Toby ist Raphael von Bargen zu sehen. Nomen est omen: Everybody’s darling protzt damit, im Dunstkreis der Broadway-Prominenz zu stehen, trinkt, feiert und liebt ohne Maßen und Rücksicht auf Verluste. Am Ende des trotz der Dauer kurzweiligen Theatermarathons tritt Andrea Jonasson als „verwaiste“ Mutter auf, die ihre Trauer in Hilfe und Hoffnung für andere transformiert. Viel Applaus für eine kluge und berührende Produktion, die aktueller denn je ist.
(Die Furche)

Regie
Elmar Goerden

Bühnenbild und Video
Silvia Merlo / Ulf Stengl

Kostüme
Lydia Kirchleitner

Musikalische Leitung und Komposition
Daniel Feik

Dramaturgie
Jacqueline Benedikt

Licht
Manfred Grohs

Eric Glass / Junger Mann
Martin Niedermair

Toby Darling / Junger Mann
Raphael von Bargen

Adam / Leo / Junger Mann
Nils Arztmann

Jason 1 / Junger Mann
Roman Schmelzer

Jason 2 / Tobys Agent / Junger Mann
Thomas Frank

Jasper / Charles Wilcox / Junger Mann
Jan Thümer

Tristan / Peter West / Junger Mann
Marcello De Nardo

Junger Henry / Paul Wilcox / Tucker / Junger Mann
Julian Valerio Rehrl

Junger Walter / Tucker / Junger Mann
Tobias Reinthaller

Henry Wilcox
Joseph Lorenz

E. M. Forster („Morgan“) / Walter Poole
Ulrich Reinthaller

Margaret
Andrea Jonasson

Statisterie
Christian Tyll
Elias Austaller
Javier Josef Griesser
Raffael Wirtitsch
Julian Greilhuber
August Broos
Viorel Wolf
Robert Chionis
Felix Millauer
Albert Kostistansky
Christoph Kostomiris
Valentino Gallo