Premiere: 11.10.2018
Peter Turrini
Josef und Maria
ca. 1 Stunde, 45 Minuten, keine Pause
Darf ich etwas Tiefsinniges sagen? Das Jahrhundert, welches ein Jahrtausend ist, neigt sich zu Ende und wir mit ihm. Auf Deutsch, bald sind wir hin, und die Objektschutz GesmbH kann uns kreuzweise.
Sie trösten mich, Frau Maria.
Herr Josef, Ihnen hat der Herrgott geschickt.
Ein "Weihnachtsmärchen für Erwachsene": Josef und Maria begegnen sich durch Zufall am Heiligen Abend im Personalraum eines großen Warenhauses. Nachdem sie von der Familie ihres Sohnes explizit ausgeladen wurde und er überhaupt allein ist, verbringen die beiden diese Nacht gemeinsam und spenden sich gegenseitig Trost. Bis sich ein kleines Weihnachtswunder ereignet und die beiden im Winter eine Art zweiten Frühling erleben...
Mein Stück Josef und Maria ist in annähernd dreißig Sprachen übersetzt worden und wurde und wird weltweit gespielt. Das ist insofern eine erstaunliche Tatsache, wenn man sich vor Augen hält, wie sehr die Figuren und die historischen Umstände aus lokalen Verhältnissen erwachsen sind. Der alte Josef, der aushilfsweise für die Wach- und Schließgesellschaft arbeitet, geht mit seinen kommunistischen Thesen und seinem Versuch, den Leuten Die Wahrheit zu verkaufen, auf die Nerven. Er ist der letzte Mohikaner der sozialen Gerechtigkeit, wie er sich selbst bezeichnet. Ein Übriggebliebener. Und die Maria, eine Putzfrau, die nur zur Aushilfe geholt wird und deren eigene Familie sie am Heiligen Abend nicht mehr sehen will, weil es da "nur Unfrieden" gibt, wie die Schwiegertochter sagt, ist auch so eine Übriggebliebene. Diese beiden Menschen mit Wiener Biographien und ebensolchem Idiom scheinen lokale Erscheinungen zu sein, aber etwas trägt sie weit, weltweit darüber hinaus: Ihre Vereinsamung. Das ist meine Erklärung dafür, warum dieses Stück in anderen Sprachen und anderen Kulturen immer wieder gespielt wird. Einsame Menschen, vor allem zur Weihnachtszeit, gibt es überall.
Peter Turrini
Peter Turrini ist einer der meistgespielten österreichischen Dramatiker, und nach der Uraufführung seines neuesten Stücks Fremdenzimmer im Jänner 2018 bleibt er dem Theater in der Josefstadt weiterhin treu: Josef und Maria wird seine 14. Premiere an diesem Haus sein.
Von dieser Aufführung, diesen Schauspielern kann man ganz lange entzückt sein.
(Der Standard)
Man muss diesen Dichter einfach gern haben, der in so vielen Stücken demonstriert hat, dass er all die Fantasiewesen, die er schuf, von Herzen liebt. Wenn das Stück dann auch noch brillante Darsteller wie Ulli Maier und Johannes Silberschneider in einer auf eineinhalb Stunden konzentrierten, intensiven Inszenierung Alexander Kubelkas tragen, ist das ein Glücksfall für dieses "well made play". Gespielt wird diskret, mit leisem Humor, einfach wunderbar.
(Die Presse)
Kubelkas Inszenierung ist zart und sensibel und sehr berührend. Ulli Maier und Johannes Silberschneider spielen einfach großartig, da stimmt jede Geste, jeder Satz. Eine tolle Leistung. Florian Etti reduzierte das Bühnenbild auf Kunstschnee, zwei große, rote Plastikbälle und zwei freundlich schauende Stoffeisbären. Ein perfekter Spielplatz für diese Parabel über Einsamkeit und Hoffnung.
(KURIER)
Dem Regisseur Alexander Kubelka gelingt ein liebenswürdiges, herzenswarmes, sentimentales, im besten Sinn altmodisches Weihnachtsmärchen. Die Ereignisse sind ins Jahr 1991 verlegt. Der alte Genosse verdrängt noch das Ende des Sozialismus, und auf der Bühne triumphiert sublime Schauspielkunst: Die wunderbare Ulli Maier verfügt über das Schönste an Anmut und Würde, Johannes Silberschneider ist ihr ein feiner, skurriler Partner.
Ein bezaubernder Abend, den man sich zum nahenden Fest gönnen sollte.
(Kronen Zeitung)
Kubelka lässt seinen Darstellern Raum zur Entfaltung ihrer Rollen, er ist wie ein Dirigent, der mit dem Taktstock nur antippt, um die schönsten Töne zum Schwingen zu bringen. Er versteht sowohl die rabiat-poetische Art als auch den behutsamen Humor von "Josef und Maria". Derart entstehen auch die schönsten Bilder, und die Ausstattung von Florian Etti bietet dafür großartige Möglichkeiten, etwa, wenn sich die Maier wie eine Spieluhrenballerina zu entsprechender Melodie im Kreis dreht oder Silberschneider lautlos Oper singt, oder, wenn die beiden auf den Eisbären „zum letzten Gefecht“ der Internationalen reiten. Ulli Maier ist als Maria beinah anmutig und grazil, wenn sie ihre Bitterkeit wegtanzen will, sie, die einstige Varietétänzerin in Tirana, er war immerhin kurz Burgtheater-Statist, sie anrührend in ihrem trotzigen, er in seinem verzweifelten Kummer. Ulli Maier und Johannes Silberschneider beherrschen ihn perfekt, Turrinis wehmütigen Witz, diese beschwingte Schwermut.
(Mottingers Meinung)
Turrinis Zwei-Personen-Weihnachtsmärchen mit über 100 Inszenierungen in über 20 Sprachen ist das vielleicht erfolgreichste Stück des großen österreichischen Dramatikers und verströmt eine tiefe, allgemeine, weder orts- noch zeitgebundene Menschenliebe.
Bühnenbildner Florian Etti hat für die herzzerreißende Begegnung eines Nachtwächters mit einer Aushilfs-Putzfrau auf eine Anhäufung des weihnachtlichen Warenangebots verzichtet und sich eher an dem von Herbert Föttinger in schmeichelweichen Kaufhaus-Durchsagen propagierten Werbeslogan orientiert: "Weihnachtszeit: Wunderzeit". Zwei große, rote Plastikkugeln, zwei über die Bühne gezogene Eisbären und ein Kunstschneegebläse ergeben nicht nur ein halb abstraktes Ambiente, sondern auch herrliche Spielmöglichkeiten. Höhepunkt: der gemeinsame Husarenritt auf den Eisbären, "auf zum letzten Gefecht"...
Zwei - für ihre Rollen wohl ein wenig zu junge - erstklassige Schauspieler sorgen dafür, dass man im Verlauf der 100 Minuten seine Einwände bald vergisst. Johannes Silberschneider, von Elisabeth Strauß mehr als ein Schutzbündler denn als ein Angestellter der Wach- und Schließgesellschaft kostümiert, berührt als lebendes Fossil aus einer Zeit, in der man um sozialen Fortschritt kämpfte und versuchte, "Die Wahrheit" (hier eine klassenkämpferische Zeitung) unters Volk zu bringen. Ulli Maier kontrastiert aufs Bitterste die Erinnerungen an ihre kurze, intensive Zeit beim Varieté mit der realen Gegenwart als vereinsamte Frau, die von ihrem Sohn vom gemeinsamen Heiligen Abend wieder ausgeladen wurde, um Familienstreit zu vermeiden.
Sehenswert, wie (befeuert auch vom wiederholten Griff zur Schnapsflasche) aus dem an einander vorbei Monologisieren allmählich eine Nähe entsteht.
(APA)
Wie Maria (Ulli Maier) und Josef (Johannes Silberschneider) in "Josef und Maria" am Heiligen Abend 1991 zueinanderfinden, zur "Internationale" tanzen und so ihre verkommene Familie und seine Einsamkeit vergessen, ist berührend und mit diesen beiden in der sanften Regie von Alexander Kubelka eine große, dringende Empfehlung.
(Falter)
Bühnenbild
Florian Etti
Kostüme
Elisabeth Strauß
Musik
Boris Fiala
Dramaturgie
Leonie Seibold
Licht
Sebastian Schubert
Josef
Johannes Silberschneider
Maria
Ulli Maier
Sprecher
Herbert Föttinger