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Kammerspiele der Josefstadt
Premiere: 28.03.2024

Anton Tschechow

Die Möwe

ca. 2 Stunden, 30 Minuten (Pause nach ca. 70 Minuten)

frei bearbeitet von Torsten Fischer

SORIN:Ohne Theater geht es nicht.
TREPLJOW:Wir brauchen neue Formen, und zwar im Theater, in der Politik, im Zusammenleben und in der Liebe.

So liegt er da, der See der toten Seelen, über dem die Möwen kreisen, frei über den Menschen, die sich langweilen und nicht lieben, über den Künstlern, die sich in Routine gefallen und politisch nichts unternehmen gegen den autokratischen Zaren – seit Jahrhunderten immer wieder gleich – und dann ins Unglück stürzen, veröden wie die Welt:

Leblos liegt sie da, kalt, keine Menschen, keine Künstler, keine Liebenden.

Nur Nina und Kostja begeben sich in den kosmischen Sturm der Weltenseele, ringen um Visionen, suchen nach neuen Formen, stürzen sich in den Kampf der Generationen, wagen den Aufstand gegen das etablierte Theater und die bornierte Literatur, divenhafte Mütter, geldgierige Väter, zynische Berühmtheiten und mediokre Versager.

Und dann wird eine Möwe erschossen, und das wahnwitzige komisch-tragische Menschenkaleidoskop Anton Tschechows explodiert – wie die Welt. Und die Menschen taumeln zum Abgrund.

Das Ensemble, veredelt durch den großen Martin Schwab, hat Format. Nils Arztmann, Paula Nocker und Johanna Mahaffy sind die fabulösen Jungen, mit Claudius von Stolzmanns Trigorin, Günter Franzmeiers Dorn und Sandra Cerviks Irina lässt sich Staat machen. Sehenswert.
(Kronen Zeitung)

Nils Arztmann spielt den glücklosen Schauspieler mit Batman-Joker-Fratze rechtschaffen verzweifelt. Paula Nocker gelingt die naiv-strahlende Nina, Claudius von Stolzmann ist als hin- und hergerissenes Schoßhündchen überzeugend. Markus Kofler hat als Gutsverwalter einige Lacher, Johanna Mahaffy spielt die unerwidert in Kostja verliebte Mascha mit trockenem Lebensverdruss. Martin Schwab darf als Kostjas Onkel sachten Slapstick einbringen.
(KURIER)

Raffinierte Details wie Zitate aus Hamlet, Anspielungen auf Krieg und Klima - rasant aufgeführt. Nocker spielt die zum Theater drängende Nina erfrischend jung, Cervik gibt der alternden Schauspielerin beinahe schmerzhafte Affektiertheit. Bei Arztmann hingegen schmerzt hingegen eher, wie gut er einen Vertreter der No-Future-Generation spielt. Trefflich sind Mahaffy und Stolzmann – sie als abgeklärte Schnapsdrossel, er als abgebrühter Autor. Dazu kommen schöne Charakterrollen: Martin Schwab spielt den trunksüchtigen Gutsbesitzer in bester Burgtheatertradition, Günter Franzmeier ebenbürtig den Arzt. Markus Kofler als ruppiger Schwätzer und Alexandra Krismer als dessen Frau repräsentieren beste Josefstadt-Tradition.
(Die Presse)

Johanna Mahaffy als unglücklich liebende Mascha spielt das hinreißend: Sie, die Kostja ohne Aussicht auf Erhörung verfallen ist, blickt auf den Grund ihres Wodkaglases wie auf den Boden der Tatsachen. Grandios auch Martin Schwab, der als Arkadinas Bruder Sorin den geriebenen Greis gibt, der, vom Leben enttäuscht, allen kundzutun wünscht: Hier krakeele ich. Ich kann nicht anders.
(Der Standard)

"Sein oder nicht sein, Mama, das ist die Frage!" Ähnlich wie Hamlet hadert Konstantin (Nils Arztmann) mit sich selbst, beschreibt das Leben als eine Qual und sehnt sich nach dem Tod. Um seine Mutter (angemessen theatralisch: Sandra Cervik) zu beeindrucken, hat er ein Stück geschrieben.
Der unverstandene Sohn Konstantin, den der junge Arztmann (eindeutig der Star des Abends) mit Wut und Verzweiflung im Bauch wirklich hervorragend spielt, ist geknickt.. Nina verliebt sich in Trigorin (Claudius von Stolzmann), den berühmten Schriftstellerfreund der Mutter - bis der sie wieder abserviert. Konstantins trinkfester Onkel (köstlich: Martin Schwab) beteuert, dass er sein Leben "verplempert hat". Der Arzt (Günter Franzmeier) trauert seiner Jugend hinterher. Markus Koflers Hausverwalter sorgt für ein paar Lacher mit seinen Dummheiten, aber seine Frau Polina (Alexandra Krismer) ist in den Arzt verliebt, während seine Tochter Mascha (hervorragend desolat: Johanna Mahaffy) ihr "beschissenes Leben" beklagt.
(APA)

Zwischen Leichtigkeit und Pathos zu changieren gelingt Arztmann als verzweifeltem Muttersöhnchen und Martin Schwab als dessen alkoholkrankem Onkel Pjotr bravorös., der es sogar noch am Sterbebett schafft, Schwung in die Aufführung zu bringen. Aber auch interessante Nebenfiguren wie die unglücklich verliebte Mascha (Johanna Mahaffy) haben Platz zur Entfaltung.
(Die Furche)

Regie
Torsten Fischer

Bühnenbild und Kostüme
Vasilis Triantafillopoulos / Herbert Schäfer

Video
Jan Frankl

Dramaturgie
Herbert Schäfer

Licht
Sebastian Schubert

Irina Nikolajwena Arkadina
Sandra Cervik

Konstantin Gawrilowitsch Trepljow
Nils Arztmann

Pjotr Nikolakewitsch Sorin
Martin Schwab / Michael König

Nina Michailowna Sarjetschnaja
Paula Nocker

Ilja Afanasjewitsch Schamrajew
Markus Kofler

Polina Andrejewna
Alexandra Krismer

Mascha
Johanna Mahaffy

Boris Alexejewitsch Trigorin
Claudius von Stolzmann

Jewgeni Sergejewitsch Dorn
Günter Franzmeier

Semjon Semjonowitsch Medwedenko
Jakob Elsenwenger