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Theater in der Josefstadt
Premiere: 08.11.2012

Daniel Kehlmann

Der Mentor

Uraufführung

ca. 1 Stunde, 40 Minuten, keine Pause

Die erste Idee zu diesem Stück kam mir ausgerechnet in Kolumbien. Ein befreundeter Schriftsteller erzählte mir dort von einem neuen Stipendium, gestiftet von der reichen Planeta-Gruppe: ein junger Romanautor war von einer Jury ausgewählt worden, um mit einem großen, berühmten und naturgemäß auch deutlich älteren Kollegen eine Woche lang unter komfortabelsten Umständen an seinem neuen Werk zu arbeiten. Gemeinsam hatten die beiden eine elegante Villa bezogen, Dienstboten hatten sich um ihr Wohl gekümmert, nichts sollte ihren fruchtbaren Gesprächen im Wege stehen. Für das Projekt stand so viel Geld zur Verfügung, daß einer der größten Schriftsteller Südamerikas - ich werde seinen Namen nicht nennen - sich bereit erklärt hatte, die Rolle des Mentors zu übernehmen. Gerade eben hatten die beiden, die Legende und sein sehr junger Kollege, die gemeinsame Woche hinter sich gebracht.

"Schöne Sache", sagte ich. "Aber was wäre passiert, wenn die beiden miteinander nicht zurechtgekommen wären?"
Mein Gewährsmann grinste mich an. "Na genau so war es ja auch."

Mehr sagte er nicht, mehr habe ich nie erfahren, aber immer wieder habe ich darüber nachgedacht, was wohl in dieser Villa vor sich gegangen sei und was man über diese gemeinsamen Tage erfinden könnte, nähme man sich die Freiheit, daraus ein Theaterstück zu machen. Denn es handelt sich ja um eine klassische Theatersituation: ein Konflikt zwischen zwei von den Umständen zusammengebrachten Leuten, die eigentlich gar nicht zusammen sein möchten. Der Altersunterschied, die sehr unterschiedliche Stellung der beiden, der Zusammenprall von Alter und Jugend, von Ehrgeiz und Arriviertheit, die vermutlich sehr weit auseinanderklaffenden Ansichten über das Schreiben und im Idealfall noch die Anwesenheit einer Frau - was, dachte ich, braucht man mehr für ein Stück, für eine schnelle, knappe Komödie? Jahre später, auf das liebenswürdige Drängen Herbert Föttingers hin, siegte dann doch meine Neugier. Ich wollte das Stück, das ich mir so lange schon vorgestellt hatte, unbedingt sehen. Also setzte ich mich hin und schrieb es auf.
Daniel Kehlmann

Ein feines kleines Drama(...), kurz und witzig mit erfrischend abgründiger Bosheit gewürzt.
(NZZ)

Kehlmanns Stück ist ein Capriccio, bei dem jeder Punkt den anderen Punkt funkensprühend verändert, sobald er ausgesprochen und ausgespielt ist: eine einzige witzige Unschärferelation.
(FAZ)

Unterhaltsam. Amüsant.
(Salzburger Nachrichten)

Der Schauspieldirektor macht mit seinen Mitspielern das Beste aus dem Abend - eine zügige Kammerspielerei von 90 pausenlosen Minuten, bei der man gelegentlich herzhaft lachen kann. Denn boshaft sind die Charaktere hier allemal.
(Die Presse)

Die geharnischten Reden lässt Herbert Föttinger in seiner Uraufführungsinszenierung am Theater in der Josefstadt langsam und wirkungsvoll aufeinander zurollen. Es wird in den hundert Theaterminuten nie fad, auch weil die Dialoge in ihrer manchmal Thomas-Bernhard'schen Hybris provozieren. Insbesondere der Mentor selbst - sein Name ist Benjamin Rubin - lässt hinter seiner edlen Maske einen abgeklärten Mann erkennen, der meint, Kunst sei halt nun einmal subjektiv. Einer seiner schönen Sätze an seinen Berufskollegen Martin Wegner (Florian Teichtmeister) lautet: "Es heißt nicht, dass Sie nicht begabt sind, nur merkt man es nicht."
(Der Standard)

Bravo, Herbert Föttinger! Herbert Föttinger, Hausherr und Regisseur der Produktion sprang in Windeseile ein - und war fulminant. Sein Benjamin Rubin ist, wie es der eines Degen wahrscheinlich nicht hätte sein können: Zynisch, arrogant, schnöselig, mal charmanter Verführer, dann lakonisches Arschloch.(...)Florian Teichtmeister als aufstrebender Schreiber Martin Wegner gibt Föttinger süffisant und patzig mit allem Mut seiner Verzweiflung Contra.(...)Wunderbar der verbale Schlagabtausch.(...)Davon profitieren auch Ruth Brauer-Kvam als Wegner-Ehefrau und Rubin-Groupie. Und Siegfried Walther als seine Hoffnung fahren sehender Stiftungssekretär. Ein gelungener Abend.
(Kurier)

Ein gefeierter Erfolg, der mit viel Applaus bedacht wurde.
(APA)

Und er spielt den alten Egozentriker Rubin, der alles kritisiert und dauernd Whiskey trinkt, ganz famos. Florian Teichtmeister ist sein junger Gegenspieler, egomanisch wie der Alte. Bei der Premiere gab's Bravos für alle.
(Österreich)

Ein kluger und witziger Dreiakter. Vorzüglich Florian Teichtmeister.
(Die Welt)

Gediegener Edelboulevard. Jede Pointe sitzt. Föttinger pendelt gekonnt zwischen Arroganz, Hypochondrie und peinlichen Selbststilisierungen des älteren Dramatikers.
(Profil)

Das Publikum hörbar erfreuende Bonmots. Die Pointen strahlen sommerlich leicht.
(Kronen Zeitung)

Fulminant Föttinger. Brilliant Teichtmeister. Ein well made play, das Lachen und viel Beifall erntete.
(Kleine Zeitung)

Wer im Theater intelligent unterhalten werden will, ist hier richtig.
(Falter)

Der Langeweile des Textflächennormtheaters ein gut gebautes Stück mit attraktiven Rollen entgegenzusetzen ist schon ein Akt der Courage. Daniel Kehlmann schuf mehr als eine pointierte szenische Einlassung über das Schreiben: Es geht um den in der Kunst wie im Leben waltenden Kampf der Jungen gegen die Alten. Mit trockenem, britisch anmutendem Humor werden ein junger und ein alter Dichter in den Ring geschickt. Herbert Föttinger inszenierte und sprang drei Tage vor der Uraufführung bravourös für den erkrankten Michael Degen ein. Vorzüglich Florian Teichtmeister und Ruth Brauer.
(News)

Kehlmann hat seine Theaterthesen in gekonnt pointierte Dialoge übersetzt.
(Theater heute)

Regie
Herbert Föttinger

Bühnenbild und Kostüme
Herbert Schäfer

Dramaturgie
Ulrike Zemme

Licht
Emmerich Steigberger

Benjamin Rubin
Herbert Föttinger

Martin Wegner
Florian Teichtmeister

Gina Wegner
Ruth Brauer-Kvam

Erwin Wangenroth
Siegfried Walther