Premiere: 01.09.2022
Amélie Niermeyer / Armin Petras
Anna Karenina
Nach Leo Tolstoi
ca. 3 Stunden (Pause nach ca. 100 Minuten)
Amélie Niermeyer und Armin Petras nach dem gleichnamigen Roman von Leo Tolstoi
Ich will nichts beweisen. Ich will einfach leben.
Anna
"Alle glücklichen Familien sind einander ähnlich, jede unglückliche Familie ist unglücklich auf ihre Weise." So beginnt ein Stück Weltliteratur: Tolstoi beschreibt in seinem Roman Anna Karenina nicht nur das Einzelschicksal der unglücklich verheirateten Titelfigur, die mit ihrem alten Leben radikal bricht; vielmehr gelingt dem Autor die präzise Darstellung patriarchaler Denkmuster, die unsere Gesellschaft bis heute bestimmen: Die Frau, die um ihrer selbst willen die Familie verlässt, wird nach wie vor gerne als hedonistische persona non grata gesehen, die einzig ihrem Egoismus folgt. An dieser Ausweglosigkeit nicht zu zerbrechen, fällt auch Anna Karenina schwer.
Tolstois Meisterwerk ist nun zum ersten Mal auf der Bühne des Theaters in der Josefstadt zu sehen.
Ein unterhaltsamer Abend mit liebevollen Regie-Details. Raphael von Bargen berührt als gequälter Karenin, Alma Hasun lässt als völlig überdrehte Kitty immer wieder schmunzeln und auch Alexandra Krismer als Dascha und Alexander Absenger als manischer Selbstzweifler Lewin machen ihre Sache gut. Kinderdarsteller Cornelius Bruckmann als Annas Sohn Serjoscha sowieso. Sehr charmant als Impuls-getriebener Stepan mit seinem schönen bayrischen Tonfall: Robert Joseph Bartl.
(nachtkritik.de)
Regisseurin Amélie Niermeyer gelang eine sehr heutige Dramatisierung von Leo Tolstois Roman "Anna Karenina". In ihrer auf acht Figuren komprimierter Fassung wechseln die Schauplätze rasant, die Szenen gehen nahtlos ineinander über. Das gelingt raffiniert. Auch deshalb, weil Stefanie Seitz ein faszinierendes, zwischendurch an die Bilder von Piet Mondrian erinnerndes Bühnenbild entworfen hat. Alma Hasun brilliert als himmelhoch jauchzende, zu Tode betrübte Kitty. Silvia Meisterle und Claudius von Stolzmann legen einen erotischen Paarlauf hin, der die weitere Entwicklung vorwegnimmt. Robert Joseph Bartl entschuldigt sich bei seiner Frau mit einer hinreißende Showeinlage und Raphael von Bargen macht nachvollziehbar, was der Ehebetrug in einer Figur auslöst. Packend.
(KURIER)
Silvia Meisterle verkörpert die Titelrolle mit Eleganz und Coolness, sie vermag gleichermaßen Höhenflüge wie dramatische Untiefen der unglücklichen Liebenden auszuloten, ohne die Figur aus zu buchstabieren, etwas Geheimnisvolles umgibt ihre Darstellung. Sie ist gewiss das Epizentrum der Aufführung. Raphael von Bargen entwickelt einen facettenreichen Charakter, einen Ehemann, der glaubhaft darunter leidet von seiner Frau verlassen zu werden.
(Wiener Zeitung)
Silvia Meisterle bringt in der Titelrolle große Intensität auf. Zum Ende hin spielt sie die Hysterikerin eindrucksvoll. Raphael von Bargen zeigt eine vielschichtige Persönlichkeit. Er ist ein Kraftzentrum in dieser Aufführung. Alexandra Krismer zeigt als betrogene Ehefrau Dascha viel Herzblut. Robert Joseph Bartl setzt sein großes komödiantisches Können wirksam ein.
(Die Presse)
Was für eine großartig Liebende ist da zu erleben! Sie ist elegante Ehefrau, verführerische Flirterin, hinreißende Seitenspringerin, treue Mutter – all das so wahrhaftig, dass sie einen Mann, zu dem ihre Zuneigung verwelkt ist, schonungslos verlässt. Wenn Schauspielerin Silvia Meisterle diese prächtige Frau facettenreich zum Leuchten bringt, ist dies doppelt erfreulich – zum einen als Kontinuum für das eigentlich unvollführbare Vorhaben, Leo Tolstois Jahrhundertroman zu dramatisieren. Zum anderen statuiert Silvia Meisterle ein rar gewordenes Exempel für die Kostbarkeit von Ensembletheater, wie sie in dieser Konsequenz und auf hohem Niveau kaum wo so gepflegt wird wie im Josefstädter. Die über dreistündige Aufführung überrascht mit Intensität und Details. Exzellente Kostüme für jede Rolle, jede Situation und jeden Darsteller hat Christian Schmidt gestaltet. Großartig sind Annas Männer: Raphael von Bargen spielt den karrieregeilen, durch Eifersucht fahrig und eisig gewordenen Gemahl, der an gesellschaftlichen Ansprüchen zerschellt. Claudius von Stolzmann ist der unendlich zarte und so draufgängerisch Liebende, dass er Beruf und Karriere fahren lässt. Alma Hasun spielt eine jugendlich liebesgierige Kitty. Robert Joseph Bartl ist Annas tollpatschiger Bruder Stepan, der als Junger sympathisch-gemütlich ist und den im Alter die angestaute Inkonsequenz plagt.
(Salzburger Nachrichten)
Mit ansteckender Begeisterung stürzt sich Niemeyers Team ins Drama. Silvia Meisterle mimt eine heutige, selbstbewusst um Unabhängigkeit ringende Anna. Ihr tragisches Dilemma verstehen weder der verspielte, verliebte Wronski, Claudius von Stolzmann, noch ihr Mann Karenin, Raphael von Bargen. Ihm lässt die Regisseurin mehr positive Facetten als Tolstoi. Statt eines kalten, nur auf die Wahrung des Scheins bedachten Bürokraten spielt er einen leidenschaftlich, aber hoffnungslos Liebenden. Berührend schlicht Cornelius Bruckmann als Kind und Opfer Serjoscha. Erfrischend das positive Gegenpaar, Kitty und Lewin. Alma Hasun mausert sich von der patschert Pubertierenden zur klugen Ehefrau, Alexander Absenger spielt glutvoll den Tolstoi seelenverwandten Zweifler. Sympathisch abgeklärt dagegen Robert Joseph Bartl als Annas Bruder Stepan und seine betrogene Ehefrau Dascha, Alexandra Krismer.
(Kleine Zeitung)
Konsequent und überzeugend gearbeitet, das Ensemble trägt den Abend.
(Falter)
Regie
Amélie Niermeyer
Bühnenbild
Stefanie Seitz
Kostüme
Christian Schmidt
Musik
Imre Lichtenberger Bozoki
Video
Christian Borchers
Dramaturgie
Silke Ofner
Licht
Emmerich Steigberger
Anna Karenina
Silvia Meisterle
Karenin, Annas Mann
Raphael von Bargen
Serjoscha
Cornelius Bruckmann
/ Christoph Lackner-Zinner
Wronski
Claudius von Stolzmann
Stepan, Annas Bruder
Robert Joseph Bartl
Dascha, Stepans Frau
Alexandra Krismer
Kitty, Daschas Schwester
Alma Hasun
Lewin
Alexander Absenger