Premiere: 27.10.2011
Todestanz-Lebenstanz
ca. 2 Stunden 30 Minuten, eine Pause
Todestanz von August Strindberg - Deutsch von Willi Reich / Lebenstanz von Friederike Roth - Uraufführung
Todestanz
Die Macht der Liebe
Wie es zur Uneinigkeit zwischen Ehegatten kommen kann, ist wohl noch ungeklärt. Sie lieben einander, leiden, wenn sie getrennt sind. Und dennoch: ein Wolkenfetzen taucht auf, alle Vorzüge verwandeln sich in Fehler, und sie stehen einander wie zischende Schlangen gegenüber. Zwei Ehegatten, die einander lieben, können daher bis in alle Ewigkeit fragen, warum sie einander hassen, das heißt, einander fliehen, obwohl es sie zueinander zieht.
August Strindberg
Lebenstanz
Eine Frau stürzt. Sie fällt aus einer Welt und erwacht in einer Welt, in der die Dinge und die Ereignisse ihre Selbstverständlichkeit verloren zu haben scheinen. Doch auch hier herrschen die altvertrauten Verhaltensmuster, die allzu bekannten Leidenschaften, Ängste und Hoffnungen. Und auch wer freiwillig oder unfreiwillig hier lebt, bleibt groteskerweise nicht verschont von eitler Selbstbespiegelung, heftigem Liebeswehen, von Eifersüchteleien und Neidattacken.
Collage klingt gefährlich. Beglückend also, wie viel Strindberg und Roth einander zu sagen haben. Ob das Ganze ein (Alb-)Traum, psychologisches Sadomasospiel oder "nur" eine (Theater-)Vorstellung ist, darf sich jeder selber ausdenken. Krämers Inszenierungsstil ist böse und staubtrocken. Und die Darsteller hervorragend. Cervik ist als Alice ganz Diva, leidend, leidenschaftlich, lyrisch. Die beste Leistung ihrer bisherigen Laufbahn! Michael Abendroth, dessen Edgar die Freude abhandenkam, oszilliert zwischen Zynismus und Hilflosigkeit. Joachim Nimtz gibt Kurt, ihren mit allen Kaugummi-Klischees behafteten Verwandten aus den USA. Und macht später den Mumienschlepper, Zweiteres sicher der härtere Job.
(Kurier)
Zum Glück spielt Cervik die weibliche Doppelrolle als Edgars Gattin Alice bei Strindberg und als "Die Frau" bei Roth. Diese physisch präsente Darstellerin in Unterwäsche und mit Strapsen ist resistent gegen falsche Romantik, sie spielt großzügig auf der Klaviatur der Emotionen, von reiner Hysterie über nackte Geilheit bis zur verstellten Unterwerfung. Sogar die Übertreibung setzt sie voller Engagement ein. Cervik ist eine Wucht.
(Die Presse)
Alles in allem: Ein schauspielerisch exzellenter, aber recht zwiespältiger Abend, der allemal zum Nachdenken anregt. Ist doch gerade an scheinbaren Plattitüden viel Wahres dran.
(Wiener Zeitung)
(...). Noch bevor sich der Todestanz in Bewegung setzt, tritt gleich zu Beginn Sandra Cervik im durchsichtigen Negligé vor den Bühnenvorhang und gibt erste Einblicke in das bevorstehende Ehedrama. Roth baut in den Originaltext einige solcher ironischen Brechungen ein, die von der Regie genutzt werden, um die Schauspieler auf Tuchfühlung mit dem Publikum zu bringen. Zum Großteil bleibt die Handlung aber unverändert - Edgar (Michael Abendroth) und Alice (Cervik) geben darin ein Paar, das nach 25 Ehejahren in der klassischen "Nicht ohne, aber auch nicht miteinander"-Falle gefangen ist. Die bedrückenden Wortgefechte werden von Roth mit bissigen Kommentaren aufgelockert, und Cervik wechselt dafür virtuos die Gefühlsklaviatur, von der leicht reizbaren Hysterikerin über den bissigen Hausdrachen bis hin zur Femme fatale, die sich aus Rache gerne auch mal an ihrem Vetter Kurt (Joachim Nimtz) vergreift.
(Die Furche)