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Theater in der Josefstadt
Premiere: 04.09.2014

Arthur Schnitzler

Liebelei

ca. 2 Stunden, eine Pause

CHRISTINE Nein, ich kann mir nicht denken, dass je eine Stunde käm’, wo ich dich nicht sehen wollte. Solang ich leb’, Fritz …
FRITZ Kind, ich bitt’ dich … so was sag’ lieber nicht … die großen Worte, die hab’ ich nicht gern. Von der Ewigkeit reden wir nicht …
CHRISTINE Hab’ keine Angst, Fritz … ich weiß ja, dass es nicht für immer ist …
FRITZ Du verstehst mich falsch, Kind. Es ist ja möglich, dass wir einmal überhaupt nicht ohne einander leben können, aber wissen können wir’s ja nicht, nicht wahr? Wir sind ja nur Menschen.

Die Liebelei endet, als ob sie eine Leidenschaft wäre, und das Mädchen, die Christine, muss erfahren, wie wenig sie ihm gewesen; indem er an einer Lüge stirbt, wird sie inne, dass sie von einer Lüge gelebt hat. Sie war doch gar nichts für sich, sondern nur für ihn da: selber gar kein Wesen, sondern nur seine Geliebte, nichts als seine Geliebte; und nun wird es offenbar, dass sie auch das nicht war, nicht einmal das. Sie hat nur von einer Beziehung gelebt und auch diese bildete sie sich nur ein. Und so ist ihr ganzes Leben dahin!
(Hermann Bahr)

Mit Liebelei feierte Arthur Schnitzler 1895 seinen ersten großen Bühnenerfolg, der ihn auch weit über die Grenzen Wiens hinaus bekannt machte. Die tragische Geschichte um Christine, die erfahren muss, dass ihr Geliebter wegen einer anderen Frau im Duell starb, zählt nach wie vor zu den bekanntesten Stücken Arthur Schnitzlers. Das darin entworfene Gesellschaftsporträt ist durchaus ein kritisches. Mit psychologischer Finesse zeigt Schnitzler eine Gesellschaft, hinter deren ehrenwerter Fassade sich Gefühlsarmut verbirgt.

Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass in dieser Vorstellung aus künstlerischen Gründen geraucht wird.

Alexandra Liedtke inszeniert Arthur Schnitzlers Dreiakter mit Einfühlungsvermögen und Wissen ums Detail. Ein durchaus gelungener Saisonauftakt.
Auch dieses Finale einer durchaus gelungenen Premiere beweist Einfühlungsvermögen und Wissen ums Detail.
Teichtmeister und Mayer meiden dabei das Extrem. Manisch-depressiv ist Fritz hier nicht, und eine Mizi könnte man auch richtig schamlos spielen. Hier hält sie sich zurück. Stein hingegen neigt als Filou zwar ein wenig zur Übertreibung, sein Theo wirkt dennoch authentisch. Therese Lohner spielt eine aufdringliche Nachbarin so hart wie abgespannt, aber das passt zur Kühle hier. Hasun sind die anfänglichen Szenen, in denen es noch schüchtern Hoffnung zu geben scheint, für eine Affäre, die Leidenschaft ahnen lässt, besser gelungen als darauf folgende Passagen sich anbahnender Tragik – außer wenn sie von einem alten Meister wie Schenk liebevoll begleitet wird. Tritt der nämlich auf, als gütiger, wissender Kleinbürger, der seiner Tochter das kleine bisschen Glück gönnt, wird Schnitzlers Ton genau getroffen.
(Die Presse)

Liedtke inszeniert in ihrer  vage im "Damals" verorteten Arbeit, wie man es von ihr gewohnt ist: Genau und unaufgeregt. Die Beziehungen und Konflikte werden in aller Ruhe untersucht. Dabei gelingen packende Momente. Der stärkste: Wenn Fritz (Florian Teichtmeister) und der von ihm gehörnte „Herr“ (Alexander Strobele) wie zwei Gespenster aufeinandertreffen, um ein Duell zu vereinbaren, das beide nicht wollen.
Großartig gelingt auch die Schluss-Szene: Christine (Alma Hasun) hat erfahren, dass ihr Geliebter im Duell wegen einer anderen gestorben ist und läuft davon, vermutlich, um sich das Leben zu nehmen. Ihr alter Vater (Otto Schenk) bleibt zurück, mehr als das Warten auf den Tod hat ihm das Leben nicht mehr zu bieten. Schenk spielt das großartig, mit kleinen Gesten und zarten Zwischentönen.
Matthias Franz Stein ist ein herrlich öliger, pragmatischer Theodor, Eva Mayer eine großartig desillusionierte, erotisch unterforderte Mizi. Sehr stark ist auch Therese Lohner als vom Leben hart geklopfte Frau Binder, die anderen das Glück nicht gönnt, das sie selbst nie hatte.
Fazit: Auf der sich sehr geschickt durch die Schauplätze drehenden Bühne läuft eine hoch anständige Schnitzler-Studie ab, der es zum ganz großen Wurf nur an Geheimnis, an Gefährlichkeit, fehlt.
(Kurier)

Eine Pensionierung hat er nicht zu befürchten: Otto Schenk, Jahrgang 1930, ist eben das Zugpferd des Theaters in der Josefstadt. Man will ihn granteln sehen. Und es geht einem das Herz auf, wenn er liebevoll, gütig ist.
Gegen Schluss von Arthur Schnitzlers Liebelei, mit der am Donnerstag die Saison eröffnet wurde, steht er einen Moment lang einsam und verzweifelt auf der Bühne. "Sie weiß noch nichts, sie weiß noch nichts", sagt er. Wie soll, wie kann er seiner Tochter Christine, die er Tini ruft, erklären, dass ihr Liebster im Duell erschossen wurde? Er druckst herum, er beschwört die Schönheit des Lebens. In diesem berührenden Monolog, fast schon ein Gestammel, offenbart Schenk die Tragödie des Hans Weiring. Alma Hasun agiert als Christine mit natürlichem Charme und unschuldigen Blicken.  Alexander Strobele als gehörnter Ehemann, der von Don Juan Satisfaktion fordert, ist ein respekteinflößender Steinerner Gast. Und Matthias Franz Stein geht in der Rolle von Fritzens Freund Theodor als Döblinger oder Hietzinger Schnösel geradezu auf: Man würde ihm, diesem miesen Weiberhelden, am liebsten eine tuschen.
(Der Standard)

Regie
Alexandra Liedtke

Bühnenbild
Raimund Orfeo Voigt

Kostüme
Su Bühler

Musik
Matthias Jakisic

Dramaturgie
Barbara Nowotny

Licht
Emmerich Steigberger

Hans Weiring, Violinspieler am Josefstädter Theater
Otto Schenk

Christine, Weirings Tochter
Alma Hasun

Mizi Schlager, Modistin
Eva Mayer

Katharina Binder, Frau eines Strumpfwirkers
Therese Lohner

Lina, Frau Binders Tochter
Annika Borde / Sophie Graf

Fritz Lobheimer
Florian Teichtmeister

Theodor Kaiser
Matthias Franz Stein

Ein Herr
Alexander Strobele