Premiere: 15.03.2018
Felix Mitterer
In der Löwengrube
Zum 70. Geburtstag von Felix Mitterer
ca. 2 Stunden, 50 Minuten (Pause nach ca. 90 Minuten)
Dass die Welt im Wandel ist muss Leo Reuss Mitte der 1930er Jahre am eigenen Leibe erfahren. Als Schauspieler hatte er sich in Berlin einen Namen gemacht, als Jude verliert er das Recht seine Profession auszuüben. Was nun, wenn sein Spiel aber nicht mehr jüdisch, wenn es stattdessen arisch wäre? Wäre er wieder gut genug für die Bühne? Reuss verändert also sein Spiel indem er sich selbst verändert: die Haare blond, der Bart voll, der Name Kaspar Brandhofer. Als Naturtalent aus den Tiroler Bergen spricht er Josefstadt-Direktor Ernst Lothar vor, der ihm sofort eine Hauptrolle anbietet. Die Presse bejubelt Brandhofers arische Schauspielkunst – um Tage später den Skandal aufzudecken und Reuss‘ Infamie zu verdammen.
Die abenteuerliche Geschichte des Schauspielers Leo Reuss, der sich mitten in die Löwengrube begibt, diente Felix Mitterer als Ausgangspunkt für seine theatrale Zuspitzung: Er beschreibt keinen Schauspieler auf der Suche nach Arbeit sondern einen gedemütigten Menschen, der der Welt den Irrsinn einer Rassenideologie aufzeigt, indem der sie ad absurdum führt. Der unbändige Wunsch nach Rache übersteigt dabei die rationale Beurteilung der Lage und mündet in eine lebensbedrohliche Situation für alle Beteiligten.
Florian Teichtmeister sorgt mit stoischer Miene und seinem kantigen Tirolerisch für Verblüffung und Heiterkeit. Alexander Absenger ist großartig als Einpeitscher des Regimes, Peter Scholz bezaubert als Theaterdirektor, Alexander Strobele gibt souverän-lässig den Bühnenmeister, André Pohl zieht alle Register zwischen Komik und Tragik für den ausgebooteten Mimen Polacek. Regisseurin Stephanie Mohr führt die verborgene Theatersatire vor, die in diesem im Grunde tragischen Werk steckt: Opportunismus der Schauspieler, ihre Enttäuschungen, Konkurrenzkämpfe, Affären und skurrilen Premierenfeiern. Die Aufführung ist dicht und aus einem Guss.
(Die Presse)
Nach 20 Jahren wurde Felix Mitterers Theaterposse rechtzeitig zu seinem 70er klug neuinszeniert: als Nachdenkübung zu den Tücken des Theaters. Stephanie Mohrs feine Inszenierung der Löwengrube folgt Mitterers brachialer Fabel mit wahrer Engelsgeduld, die Figuren können Tiefe entwickeln.
(Der Standard)
"In der Löwengrube" beinhaltet viele Szenen, in denen es ums Theater am Theater geht. Miriam Buschs Bühnenbild kopiert gekonnt die Josefstadt-Bühne - die Spiegelung verhilft der Aufführung zu mehreren charmanten Momenten. Das zwölfköpfige Ensemble trägt elegante Kostüme der Zeit (Nini von Selzam). Pauline Knof mimt so verhuscht wie divenhaft eine von NS-Granden umschwärmte Schauspielerin. Claudius von Stolzmann hat sich einiges von Joseph Goebbels abgeschaut, kopiert Diktion und Mimik des Reichspropagandaministers. Der Abend gehört aber Florian Teichtmeister in der Rolle Kirsch/Höllrigl. In jeder Gemütslage trifft Teichtmeister den richtigen Ton - vom feinsinnigen Künstler, der an den Verhältnissen verzweifelt, bis zum rohen Naturburschen, mit kräftigem Tiroler Akzent, der sich mit den Nazis verbündet. In jedem Augenblick verleiht der Schauspieler seinen Figuren die nötige Glaubwürdigkeit.
(Wiener Zeitung)
Was für ein freudiger Abend! Mohr betont die Komödie – und das Ensemble agiert mit größter Freude nicht nur am Spiel. Jeder, fast jeder, vermag zu rühren, darunter Pauline Knof als Diva, die so gerne lieben würde – nicht nur sich und das Rampenlicht. Florian Teichtmeister brilliert als Tiroler, der alle, fast alle, hinters Licht führt.
(KURIER)
Regisseurin Stephanie Mohr weiß, wie Mitterers Stücke anzupacken sind. Sie verwandelt die Zielstrebigkeit des Textes zum dramatischen Gebäude, in das man ihr gerne folgt. Mit einer erhöhten Drehbühne (Miriam Busch) ist der Kreislauf der Zeit umrissen, mit dem Florian Teichtmeister (Kirsch) etwas Brillantes anstellt. Er wuchtet das prahlerische Tiroler Selbstverständnis so famos spielerisch, wie er den stillen Juden bei dessen letztem Ausweg ziseliert. Als polternder Edel-Nazi schafft er obendrein den Typus eines Vegetariers, der sich zum König unter Menschfressern krönt, weil er nicht anders kann. Er ist Zentrum und Beobachter in einem, also sieht er, wie sich seine ehemalige Frau (Bravo für Pauline Knof) im Handel für Diven-Status an die Widerwärtigen verschenkt. Theatermacher Meisel (Peter Scholz) will nichts als Theater machen, Bühnenmeister Eder (Alexander Strobele) ist die alte, reine Seele des Betriebs, die Kirsch hilft, weil sie schweigt. Alma Hasun eine facettenreiche Olga, die ob ihres löchrigen Ariernachweises alles riskiert. Großer, langer Applaus für einen feinen, großen Theaterabend.
(OÖN)
Florian Teichtmeister ist anfänglich ein fast quälend duldsamer Kirsch, umso massiver tritt er dann als "Tiroler Golem" in Erscheinung: um in erstaunlich exzellentem Bergler-Dialekt ebenso komödiantisch wie beklemmend einen Rassisten in Lederhosen auf die Bühne zu stellen und zugleich einen Kirsch, der, getrieben von Rache, die Instrumente der Machtausübung gegen seine ehemaligen Peiniger richtet und letztendlich scheitert. Bravos für das Ensemble und „Neo-Siebziger“ Felix Mitterer.
(Tiroler Tageszeitung)
Für ihre Inszenierung hat Regisseurin Stephanie Mohr ein feines Ensemble um sich versammelt, das einmal mehr sein ganzes Können ausspielt. Allen voran Florian Teichtmeister, der in der "Doppelrolle" des jüdischen Schauspielers Arthur Kirsch und seiner Verkleidung als Tiroler Naturbursch Benedikt Höllrigl brilliert. Ihm gelingt eine wunderbar präzise Darstellung dieses Doppelcharakters. Famos ist auch Scholz als Direktor Meisel, dem Theater als Diktatur keine Fortune bringt. Mohrs gewitzte Inszenierung entwickelt an diesen Stellen eine Ausdrücklichkeit, dass einem das Lachen im Hals stecken bleibt. Sie findet für ihre Arbeit die Mitte zwischen Sarkasmus, Spannung und Sentiment, ihre Schauspieler treffen den von ihr vorgegebenen Ton zwischen komödiantischem Auftrumpfen und sensibler Nachdenklichkeit perfekt.
(Mottingers Meinung)
Stephanie Mohr ist Mitterer-Spezialistin und hat das rechte Gespür für die Tiefenschichten in Mitterers Dramatik entwickelt. Die Plots kommen gerne in banalster Direktheit daher. Das Querdenkerische, das Entlarvende, die Ungeheuerlichkeiten einer sich so unverstellt wie ungeniert offenbarenden Wirklichkeit zeigen sich erst auf den zweiten oder dritten Blick. Das ist in diesem Stück nicht anders. Die Rolle des Arthur Kirsch (so heißt er bei Mitterer) bietet reichhaltige Möglichkeiten. Die bereitete die Regisseurin mit dem wunderbaren Florian Teichtmeister berührend auf. Mit ähnlicher Akkuratesse sind alle Figuren durchgezeichnet in diesem an Personen reichen Stück. Peter Scholz als Theaterdirektor, zum Harlekin degradiert von den neuen Machthabern, kommt gar nicht heraus aus dem Händeringen und tut es doch mit souveränem Verständnis für die Unabänderlichkeit der Situation. André Pohl ist der Schauspieler-Kollege Polacek, Prototyp des eiligen Mitläufers. Ein deftiger Typ, für den man letztlich doch Mitleid empfindet. Stephanie Mohr arbeitet mit jeder und jedem im Ensemble sehr glaubwürdige Zwischentöne heraus.
(nachtkritik.de)
Claudius von Stolzmann liefert als Goebbels eine beeindruckende, differenzierte Studie eines Mächtigen, der seine Menschenverachtung als Kulturmenschentum tarnt, Alexander Strobele leistet fein nuancierten passiven Widerstand als Bühnenmeister Eder, Pauline Knof kämpft glaubwürdig als Kirschs Gattin mit sich und ihrem künstlerischen Egoismus.
(APA)
Regisseurin Stefanie Mohr (Bühne: Miriam Busch) arbeitet mit kräftigen Farben. Ihre Bilder sind so direkt wie zielgenau, es ist ein Theater, das wirkungsvoll und dennoch nicht oberflächlich ist. Florian Teichtmeister vollbringt eine darstellerische Meisterleistung, Pauline Knof spielt bravourös seine Frau.
(Kronen Zeitung)
Florian Teichtmeister spielt als Kirsch ganz groß, ebenso wie Pauline Knof als seine untreue Ehefrau und Alexander Strobele als Bühnenmeister Eder.
(Kleine Zeitung)
"In der Löwengrube" ist Popcorn-Kino im Theater: ein spannungsgeladenes Märchen, ein hervorragend erzähltes Drama mit originellem Thema, ein Triumph.
Florian Teichtmeister spielt den Kirsch virtuos: erst ein Gedemütigter, den die Nazi-Kollegen aus der Josefstadt vertreiben, dreht er später mit Bart, Rucksack und Lederhose auf. Wie er als Kirsch den Höllrigl mimt, da gehört einiges dazu. Begeistert fiebert man mit, wie er die Deutschnationalen in ihrem Kulturkampf an der Nase herumführt. Mit großer Spielfreude hängt sich das Ensemble in die kleinen Tücken und Typen des Theatergeschäfts, auch mit Blicken und Stimmnuancen, wodurch die Figuren, obwohl bekannte Rollenbilder, nicht zu Karikaturen verkommen. Pauline Knof gibt als Kirschs Frau leidend die egozentrische Diva, Peter Scholz den weltfremden Theaterdirektor und Regisseur. Identifikationspotential bieten auch Tobias Reinthaller als naiver Kollege, Fach junger Liebhaber, und Alexander Strobele in der Rolle des weisen Bühnenmeisters.
(Falter)
Regie
Stephanie Mohr
Bühnenbild
Miriam Busch
Kostüme
Nini von Selzam
Musik
Stefan Lasko
Video
Philine Hofmann
Dramaturgie
Matthias Asboth
Licht
Manfred Grohs
Polacek
André Pohl
/ Oliver Rosskopf
Strassky
Alexander Absenger
Kirsch
Florian Teichtmeister
Helene Schwaiger
Pauline Knof
Jakschitz
Tobias Reinthaller
Olga
Alma Hasun
Meisel
Peter Scholz
Eder
Alexander Strobele
Goebbels
Claudius von Stolzmann
Höllrigl
Gerhard Kasal
Erster Gestapo-Beamter
Jörg Reifmesser
Zweiter Gestapo-Beamter
Matthias Böhm