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Kammerspiele der Josefstadt
Premiere: 22.01.2015

Daniel Glattauer

Die Wunderübung

Uraufführung

ca. 1 Stunde, 50 Minuten, eine Pause

Der international erfolgreiche Wiener Autor Daniel Glattauer hat sich für seine neueste Komödie  eines zerstrittenen Ehepaares mittleren Alters angenommen und schickt die beiden in eine Paartherapie.
Joana und Valentin sind erfahrene und smarte Streiter. Sie kontern schlagfertig, reagieren geistesgegenwärtig, nutzen brillant rhetorische Tricks und stellen den Therapeuten vor eine schier unlösbare Aufgabe.

Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte ganz bestimmt nicht – wenn er ihr Paartherapeut ist. Die Idee für Die Wunderübung ist mir während meines kürzlich absolvierten Studiums zum "Psychosozialen Berater" gekommen. Da war die Arbeit mit krisengeschüttelten Partnern ein großes Thema. Mittendrin bekam ich Lust, mich diesem Stoff auf komödiantische Weise anzunähern. Nun steht die turbulente Therapiestunde auf der Bühne.
Für die Zuseher gibt es, so denke ich, großen Wiedererkennungswert, auch für jene, die selbst vielleicht eher konfliktscheu sind. Denn die Mechanismen des Ehestreits mit der spezifischen Rollenverteilung – sie stichelt, er fährt drüber – sind uns im Alltag bestens vertraut und haben sich über die Generationen wenig verändert. Der polemische Kleinkrieg der Worte ist geradezu ein Volkssport. "Mein" Ehepaar Joana und Valentin Dorek erhebt ihn zur olympischen Disziplin.
(Daniel Glattauer)

BERATER Eines würde mich schon interessieren. (Pause.)
Warum trennen Sie sich eigentlich nicht?
(Beide wirken überrascht, verdutzt und unangenehm berührt, fast ein wenig empört.)
JOANA Wie bitte?
VALENTIN Wieso fragen Sie?
JOANA Wie meinen Sie das?
BERATER Trennen. Ich meine trennen, ganz normal trennen, wie man sich eben trennt. Wie man auseinander geht. Wenn es nicht funktioniert, wenn es einfach nicht und nicht funktioniert, wenn man glaubt, dass man schon alles probiert hat, und wenn man noch etwas Zusätzliches probiert, und es funktioniert wieder nicht, noch immer nicht, weil es … weil es … schon ewig lange nicht mehr funktioniert, weil es eigentlich mehr oder weniger von Anfang an nicht funktioniert hat, dann könnte man ja, dann könnte man ja durchaus auf die Idee kommen … es ist eigentlich eine … eine sehr naheliegende Idee, die Schlussfolgerung, die logische Konsequenz sozusagen, dass man sagt, okay, beenden wir es, lassen wir es sein, hören wir auf, gehen wir auseinander, trennen wir uns. Ja trennen, ganz normal trennen. So habe ich es gemeint.
(Auszug aus Die Wunderübung)

Wenn Joana und Valentin Dorek zum Eheberater kommen, sind sie so ziemlich am Rande des Nervenzusammenbruchs und balancieren an ihrer letzten Möglichkeit entlang. Die Interaktion, die sich Joana, herrlich scharfzüngig, und Valentin, herrlich resigniert, liefern, ist schon ein Meisterstück der Darsteller für sich - da reagieren zwei aufeinander, Aglaia Szyszkowitz als Wirbelwind, der nicht nachgeben kann, Bernhard Schir als "typischer" Mann, der in vielen Fällen einfach nicht weiß, was seine Frau schon wieder will (das geht angeblich vielen Männern so). Aber weil sie imstande sind, im Lauf des Stücks ihre anfängliche Liebe zu beschwören, gelingen dann auch Szenen der Annäherung richtig berührend. Am Text liegt's nicht, aber diese beiden Schauspieler machen's auf allerhöchstem Niveau.
Und dann ist noch Jürgen Tarrach, der im Fernsehen mal heiter, mal hintergründig sein kann. Er zieht die Skurrilitäts-Masche ab, wirkt aber trotzdem echt, als der Mann, der seines Jobs und der ewigen schlechten Vibrationen, denen er ausgesetzt ist, müde ist.
(Online Merker)

Dass der Abend gut funktioniert, liegt am Glattauer-erfahrenen Regisseur Michael Kreihsl und an den drei Darstellern Bernhard Schir, Aglaia Szyszkowitz und Jürgen Tarrach. Großartig, wie genau hier gearbeitet wurde, wie Schir ständig in der Sakkotasche nach Argumenten sucht, wie Szyszkowitz als Abwehrhaltung ihre langen Beine verknotet, wie Tarrach als Therapeut den Kugelschreiber als Taktstock verwendet. Schir kreiert als ermüdender Ehemann eine hinreißende Figur, die den Therapeuten zuerst als "Herr Äh-äh-äh ... Magister" anredet und später dann als "Herr Äh-äh-äh ... Harald".
Fazit: Eine routinierte Komödie mit erwartbaren Wendungen, geadelt von ausgezeichneten Darstellern.
(KURIER)

"Die Wunderübung" dürfte auch zum Kassenhit werden. Glattauer beweist darin einmal mehr, dass er eingängige Geschichten in pointierte Dialoge zu kleiden vermag; seine Wohlfühlliteratur bleibt zwar bisweilen nah am Klischee - vermag Erwartbares aber auf verblüffende Art weiterzudrehen. Auch "Die Wunderübung" hält überraschende Wendungen bereit.
Regisseur Michael Kreihls setzt den Geschlechterkampf als unterhaltsames Kammerspiel um. Das hochkarätig besetze, aus Film- und TV-Produktionen bekannte dreiköpfige Ensemble, weiß Glattauers Stückvorgabe ideal zu nützen; die Streitereien wirken kaum je aufgesetzt, sondern erstaunlich authentisch. In der Kampfzone der Geschlechter stehen sich Bernhard Schir als untadeliger Anzugträger mit Gefühlsschranken und Aglaia Szyszkowitz als emotionales Kraftwerk auf High Heels gegenüber. Wie die beiden sich gegenseitig das Wort im Mund umdrehen, jede noch so harmlose Äußerung umgehend als Beleidigung auffassen - das hat hohen Unterhaltungswert. Szyszkowitz ist das Epizentrum des Abends: wie sie um ihr Lebensglück ringt und dabei ihrem Mann zusetzt - das Musterbeispiel einer liebenswerten Furie!
Zwischen die Kampfhähne wagt sich Paartherapeut Jürgen Tarrach, der mit zerbeulten Cordhosen, Schlabberschal und betont sanfter Stimme wie das Abziehbild eines Paartherapeuten wirkt. Die verfahrene Beziehung versucht er mit einem beachtlichen Repertoire an Paarübungen aufzulösen. Der Mann solle doch versuchen, die geballte Faust seiner Frau aufzukriegen. Die Faust als wütendes Herz, bei der alle Kraft versagt. Das Rollenspiel scheitert kläglich - wie jenes, bei dem sich Szyszkowitz und Schir Kasperlfiguren über die Hände stülpen und ihre Stimmen verstellen: ein Lehrbeispiel falsch verstandener Streitkultur, Glattauers sanfte Kritik an der Paartherapieindustrie.
Boulevardkomödien leben bekanntlich vom Geschlechterkampf. Daniel Glattauer hat das Sujet um eine Komponente bereichert: "Die Wunderübung" lotet geschickt das komödiantische Potenzial von Paartherapien aus. Lang lebe der Ehestreit.
(Wiener Zeitung)

Die Eheleute zanken sich derart meisterhaft, dass sie in der zweiten, handlungsgetriebenen Hälfte des Stücks selbst ihrem Therapeuten helfen, als dieser ihnen offenbart, gerade von seiner Frau verlassen worden zu sein. Der Eheberater ist, auch durch Tarrachs Spiel, die komische Figur der Inszenierung. Gelacht wird jedoch mehr über die von Szyszkowitz und Schir nie der Albernheit preisgegebenen Doreks. Dass sie so sind, wie man Eheleute zu kennen glaubt, sorgt für Heiterkeit.
(Der Standard)

Der Therapeut (Jürgen Tarrach), der sich noch als genialer Vertreter seines Faches erweisen wird, rettet die Show: etwa, wenn er genussvoll ein Joghurt verspeist, während seine Klienten in eine Meditationsübung vertieft sind. Oder wenn er ihre sprachlichen Entgleisungen auf den Boden der therapeutischen Realität zurückholt: "Sie haben eine außergewöhnlich lebendige Streitkultur auf hohem Niveau."
Das Premierenpublikum amüsiert sich köstlich ob dieser Wortgefechte.
Am unterhaltsamsten sind die Szenen, in denen Valentin und Joana bei Übungen, etwa mit Handpuppen, lernen sollen, sich in den anderen hineinzuversetzen - und hoffnungslos scheitern. Beziehungsprobleme und die Tricks der Paartherapeuten dürfte Glattauer gut kennen, er hat selbst eine Ausbildung zum psychosozialen Berater absolviert. Womöglich ist die Moral der Geschichte also fachlich belegt: dass nämlich eine temperamentvolle, kampflustige Beziehung manchmal besser sein kann, als eine harmonische, reibungslose, der das Feuer ausgegangen ist. Oder, wie es die streitbare Ehefrau Joana ausdrückt: "Lieber dreimal verglühen als einmal erfrieren." So gesehen könnte der Besuch des Theaterstücks (zu zweit) auch eine Art Paartherapie sein. In dieser Hinsicht ist die "Wunderübung" wohl gelungen.
(Die Presse)

Aglaia Szyszkowitz als adrette Joana mit leicht hysterischen Zügen stichelt perfekt gegen ihren Ehegespons und Vater ihrer Kinder. Bernhard Schir wiederum zeigt sich als Attackierter höchst explosiv, aber auch eingeschnappt. Beide bedienen bestens die Bilder über die Beziehungen der Geschlechter, die ihnen Glattauer in Mund und Spiel vorlegte.
Als Therapeut, der letztendlich selbst gefährdet in Sachen Ehe ist, kommt Jürgen Tarrach zwischen die Fronten und ins Schwitzen.
(Kronen Zeitung)

Durchaus amüsant, einem Paar beim "Disput" zuzuhören, sofern er geistreich ist.
(Salzburger Nachrichten)

Großer Jubel um Daniel Glattauers Komödie. Die Eheleute Dorek kennen einander in- und auswendig. Sie können sich gegenseitig in den Magen sehen, und das schafft Probleme. Sie scharfzüngig wie eine Rasierklinge, er mit der Sensibilität eines Kohlenkübels gesegnet. Die Spielweise der beiden bedient hervorragend die vorgefertigten Muster dieses gutbürgerlichen Paares. Wie bei einem Pingpongspiel fliegt der Ball hin und her und meistens landet er doch im Netz. Daneben steht der teddybärartige Eheberater, der versucht, die beiden über Rollentausch und Partnerübungen aus der Reserve zu locken. Dem Premierenpublikum in den Kammerspielen kommen die auf der Bühne geäußerten Dialoge ziemlich bekannt vor, wenn man die Reaktionen und Lacher richtig deutet.
(Kleine Zeitung)

Drei Schauspieler brillieren!
(OÖ Nachrichten)

Regie
Michael Kreihsl

Bühnenbild
Conrad Reinhardt

Kostüme
Erika Navas

Dramaturgie
Ulrike Zemme

Licht
Franz Henmüller

Valentin Dorek
Bernhard Schir

Joana, Valentins Frau
Aglaia Szyszkowitz

Der Eheberater
Jürgen Tarrach