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Theater in der Josefstadt
Premiere: 18.12.2021

Oscar Wilde

Der ideale Mann

ca. 2 Stunden, 40 Minuten (Pause nach ca. 70 Minuten)

Deutsche Fassung von Elfriede Jelinek
nach einer Übersetzung von Karin Rausch

Die Wahrheit ist eine so komplexe Angelegenheit wie die Politik ein komplexes Geschäft ist.
Robert Chiltern

Sir Robert Chiltern blickt auf eine Bilderbuchkarriere zurück und führt eine Vorzeigeehe. Allerdings verdankt der erfolgreiche und als moralisch integer geltende Politiker seinen Reichtum und damit auch seinen politischen Aufstieg dem Verrat eines Amtsgeheimnisses. Als Chiltern mit dieser "Jugendsünde" erpresst wird, sind Karriere wie gesellschaftliches Ansehen gleichermaßen gefährdet. Es sei denn, der Politiker geht auf den angebotenen Deal ein und unterstützt im Parlament ein mehr als dubioses Projekt.

In Oscar Wildes brillanter und pointenreicher Gesellschaftskomödie dreht sich alles um das wechselvolle Verhältnis von Politik und Moral. Ein Thema, das man wohl als zeitlos bezeichnen muss.

Welch glänzendes Ensemble!
Die verordnete allgemeine Outrage wird von dem überragenden Michael Dangl (Sir Robert Chiltern) und der ihm gleichkommenden Silvia Meisterle fulminant umgesetzt. Matthias Franz Stein brilliert als Lord Goring auch ohne Unterhose. Voll bekleidet tun es ihm Katharina Klar (Mabel) und Michael Schönborn (Lord Caversham) gleich. Martina Stilp (Mrs. Cheveley) ist als Intrigantin so hinreißend, dass man es doppelt bedauert, wie unrühmlich Wilde sie ohne großen letzten Auftritt hinter die Bühne verbannt. Das übrige Ensemble (Tobias Reinthaller, Markus Kofler, Paul Matič, Elfriede Schüsseleder, Lisa Weidenmüller und Anna Leimanee) strahlt mit Josefstadt-Glanz.
(Wiener Zeitung)

Ein erfolgreicher Politiker mit betont weißer Weste, der über ein Schriftstück aus seiner Vergangenheit zu stolpern droht: Was Oscar Wilde 1894 in der Komödie "Ein idealer Gatte" lustvoll als Intrigenspiel in der feinen Londoner Gesellschaft anlegte, wird am Theater in der Josefstadt in der Inszenierung von Alexandra Liedtke zu einer umso lustvolleren Parabel auf aktuelle österreichische Ereignisse. Die messerscharfe Neuübersetzung durch Elfriede Jelinek tut den Rest.
Michael Dangl gibt den scheinbar rechtschaffenen Staatssekretär im Außenamt Sir Robert Chiltern mit blond gemeschten Haaren und perfekt sitzendem Anzug als Hans Dampf in allen politischen Gassen. Martina Stilp, die in ihren neonpinken Designerklamotten einen starken Kontrast zu den pastellig gewandeten Mitspielern bildet, ist im Besitz eines Briefes, der den Politiker der Korruption in jungen Jahren überführen kann. Wie Dangl angesichts dieser Bedrohung jäh die Fassung verliert, gehört zu einem der besten der an starken Momenten nicht geizenden Inszenierung. Schließlich ist da nicht nur die Gesellschaft und die Karriere, sondern auch seine Ehefrau, der Silvia Meisterle eine schimmernde Aura des moralischen Perfektionismus verleiht. Und so versucht Chiltern mithilfe seines in Superslimfitanzüge gepressten Freundes Lord Goring (herrlich abgedreht: Matthias Franz Stein), das kompromittierende Schriftstück zurückzuerlangen.
Mit viel Liebe hat Liedtke auch zahlreiche Nebenrollen gestaltet und lässt Paul Matić als Gorings verschwiegenen Diener oder Michael Schönborn als Gorings verstockten Vater immer wieder glänzen.
Es entstehen immer wieder hinreißende Tableaux vivants, die die Figuren karikieren, ohne ihnen ihr Gewicht zu nehmen. Lang anhaltender Applaus.
(APA)

Elfriede Jelineks virtuose, aus dem waffenscharf geschliffenen Kalauer legitimierte Übersetzung gibt den Weg von Alexandra Liedtkes Inszenierung vor: Hier konzentriert man sich auf den genialen, von der Nobelpreisträgerin geschärften Text mit Michael Dangl als erstklassigen Protagonisten.
(Kronen Zeitung)

Sie sollten sehen, wie Silvia Meisterle zum Höhepunkt des Dramas "It’s a Man’s Man’s Man’s World" singt – inbrünstig, geradezu gefährlich enthemmt. 1895 im Haymarket Theatre uraufgeführt, wirkt es selbst heute noch, als ob es zu aktuellen politischen Zuständen geschrieben wurde. Dazu bedarf es allerdings einer intelligenten Regie und eines gut abgestimmten Ensembles. Beides ist im Theater in der Josefstadt der Fall. Alexandra Liedtke hat behutsam inszeniert. Sie ist mit Anspielungen auf die Gegenwart behutsam umgegangen und hat sich vor allem darauf verlassen, dass ein Dutzend Schauspielerinnen und Schauspieler des Hauses das tun, was sie am besten können – souverän bewährte Gesellschaftskomödien zelebrieren. Michael Dangl als smarter Sir Robert Chiltern liefert sich mit den anderen Protagonisten herrliche Wortgefechte. Stilp ist beim Framing der Machenschaften höchst authentisch, mindestens so intensiv sind die Dialoge mit Lady Chiltern - Meisterle und Dangl turnen sich geradezu durch diese Szenen. Inder geräumigen Wohnung der Chilterns können sich Anna Laimanee und Lisa Weidenmüller als It-Girls, Tobias Reinthaller als Vicomte, Elfriede Schüsseleder als reifere Lady und Michael Schönborn als Lord Caversham produzieren. Da gibt es keine Schwachpunkte, selbst die Rollen der merkwürdigen, meist stummen, immer etwas unheimlichen Diener (Markus Kofler und Paul Matič) sind prima besetzt. Eine der auffälligsten Figuren fast von Beginn an ist ein weiterer Protagonist: Matthoas Franz Stein spielt den Dandy Lord Goring und Katharina Klar spielt hinreißend mit ihm.
(Die Presse)

Ein fabelhaftes, hochkarätiges Ensemble.
(KURIER)

Politsatiren braucht das Land, Regisseurin Alexandra Liedtke erarbeitet Oscar Wildes Komödie im Theater in der Josefstadt als puppenhafte Lustbarkeit. Eigeninteressen und entsprechende Manipulationen steuern das politische Handeln – diese Praxis ist Diskussionskern der exzellenten Dialogkomödie mit Tempo und Temperament. Man sieht Fehl und Tadel, Schuld und Sühne der hier agierenden Personen schon von weitem, man beobachtet die Diskrepanz zwischen Soll und Ist in einem vorzüglichen Ping-Pong, bei dem innerer Schweinhund und offizielles Schwamm-drüber knifflige Duelle ergeben. Figurinengleich klappen da gestreckte Oberkörper nach unten, büchsen Gesäße seitlich aus und drechseln sich schmale Taillen durch ebensolche Türen. Die körperbetonten Kostüme von Johanna Lakner thematisieren die korrumpierende Sexyness im Stück, ohne selbst sexistisch zu sein – das ist schon ein Kunststück. Das Begehren aller wird abgebildet – finanzieller, politischer oder libidinöser Art. Das gipfelt zum Beispiel in einer formvollendeten Interaktion des unergründlichen und im physischen wie übertragenen Sinn äußerst dehnbaren Lord Goring (Matthias Franz Stein) mit seinem Diener sowie Gästen. Zudem legt er später mit der unsentimentalen Mabel (Katharina Klar) einen denkwürdigen Heiratsantrag hin. Das Publikum im vollbesetzten Theaterhaus war durchwegs hingerissen, und das ist nicht zuletzt szenischen Miniaturen zu danken, unter ihnen etwa Paul Matič als herrlich widerwilliger Diener Phipps, der in einer trockenen, geradezu lebend-toten Manier jeder Addams Family Ehre machen würde.
(Der Standard)

In Liedtkes Inszenierung agieren die Figuren wie Marionetten, deren Masken perfekt sitzen und deren akrobatisches Körpertheater ihre Verbiegungen nach außen stülpt. Vor allem Silvia Meisterle als demonstrativ ehrbare Ehefrau des idealen Mannes verrenkt sich auf beeindruckende Weise, um die Fassade der korrekten High-Society-Charity-Lady aufrecht zu erhalten. Die Kostüme werden von Johanna Lakner raffiniert arrangiert. Liedtkes Inszenierung bringt die komische Kraft der (De-) Maskierung und die feine Klinge des Jelinek’schen Wortwitzes zur Wirkung. Viel Applaus.
(Die Furche)

Regie
Alexandra Liedtke

Bühnenbild
Philip Rubner

Mitarbeit Bühnenbild
Alexander Grüner

Kostüme
Johanna Lakner

Musik
Karsten Riedel

Körpercoach
Paul Blackman

Dramaturgie
Barbara Nowotny

Licht
Pepe Starman

Sir Robert Chiltern, Staatssekretär im Auswärtigen Amt
Michael Dangl

Lord Caversham
Johannes Seilern

Lord Goring, sein Sohn
Matthias Franz Stein

Vicomte de Nanjac, Attaché an der Französischen Botschaft in London
Tobias Reinthaller

Mason, Sir Robert Chilterns Diener
Markus Kofler

Phipps, Lord Gorings Diener
Paul Matić

Lady Chiltern
Silvia Meisterle

Mabel Chiltern, Sir Robert Chilterns Schwester
Katharina Klar

Mrs. Cheveley
Martina Stilp

Lady Markby
Ulli Maier

Lady Basildon
Michaela Klamminger