Premiere: 30.11.2023
Fritz Hochwälder
Der Himbeerpflücker
Komödie in drei Akten
ca. 2 Stunden, keine Pause
So eine selige Ruhe war hier,
ein Gottesfrieden,
man hat nur
ans Verdienen
gedacht, und
jetzt kommt auf
einmal einer
daher mit
achttausend
Toten -
Im fiktiven Bad Brauning herrscht in den 1960er Jahren der reiche Bürgermeister und Gastwirt Steisshäuptl. Seinen Reichtum verdankt der ehemalige Ortsgruppenleiter der Veruntreuung einer Kiste mit Zahngold aus einem nahegelegenen Konzentrationslager, die sein Hausknecht Zagl im Auftrag des sogenannten "Himbeerpflückers" zur Aufbewahrung übernommen hatte. Nun glaubt Zagl, eben jenen in einem Fremden, der im Gasthof abgestiegen ist, erkannt zu haben. Steisshäuptl ist außer sich: Ist der längst totgeglaubte Himbeerpflücker gekommen, um das Gold zu holen? Und auch unter den anderen Honoratioren breitet sich Unruhe aus, sie wenden sich von Steisshäuptl ab und überbieten einander in Anbiederung an den Fremden, dem das nur recht sein kann – allerdings aus einem ganz anderen Grund als von den Bad Brauningern gedacht.
Fritz Hochwälder, der als Sozialist und Jude in zweifacher Hinsicht gefährdet war, gelang 1938 die Flucht in die Schweiz, wo er seine schriftstellerische Tätigkeit zu forcieren begann. In seiner treffenden und hochkomischen Satire Der Himbeerpflücker rechnet er mit der historischen Selbstgerechtigkeit und Aufarbeitungsträgheit im Nachkriegsösterreich ab.
Von Stephanie Mohr lustvoll inszeniert und vom Ensemble ebenso gespielt.
Was sind das für Zeiten, in denen ein Schmuckdieb mehr Abscheu erregt als einer, der im Krieg 8000 Menschen erschossen hat? Es sind die 1960er in Bad Brauning, in der holzgetäfelten Wirtsstube (schön die Bühne von Miriam Busch) füllt Günter Franzmeier dessen Rolle aus. Zwischen Leberknödeln, Ausritten ins derb Verbale und einem Teppich, der nur ausgelegt ist, damit der begriffsstutzige Kellner Zagl (toll: Claudius von Stolzmann) ins Stolpern kommt, dient sie den Leistungsträgern des Orts als Safe Space. Zwölf de facto Hauptrollen lässt die Josefstadt sich den Abend kosten, eine jede ist trefflich besetzt.
(Der Standard)
Stephanie Mohr lässt das blendende Ensemble herzhaft die Türen knallen.
(Kronen Zeitung)
Das Theater in der Josefstadt hat versucht den "Himbeerpflücker" wiederzubeleben. Hatten sie und ihr Ensemble damit Erfolg? Ja!
Stephanie Mohr scheut sich nicht, das Volkstümliche zur Schau zu stellen. Das funktioniert. Günter Franzmeier glänzt als Wirt, Bürgermeister und Multifunktionär Steißhäuptl. Umgeben ist dieser Gemeinde-Führer von Figuren, die das Dumpfe, das Böse und das Gemütliche in allen nur denkbaren Varianten mischen, bis hin zu Knallchargen. Durchaus gelungen ist das Bühnenbild von Miriam Busch.
(Die Presse)
Stephanie Mohr und dem ziemlich großartigen Ensemble gelingen zwei heitere, vor Boshaftigkeit triefende Stunden.
Günter Franzmeier verleiht dem Herrn Bürgermeister weniger Würde als vielmehr Schlitzohrigkeit und boshafte Arroganz. Wenn er sich vor dem vermeintlichen Massenmörder verbeugt, möchte man meinen, er habe wirklich kein Rückgrat. Und wenn er seinem Töchterlein - Paula Nocker verkörpert in ihrem kessen Dirndlkleid und der überaus üppigen roten Perücke die von sich selbst überzeugte Jugend der Sechziger tadellos – zuredet, sich doch mit dem "Himbeerpflücker" zu … "treffen", traut man ihm einfach alles zu. Ulrich Reinthaller als anonymer Gast, der in Wahrheit Alexander Kerz heißt und niemanden Himbeeren pflücken schickt, schafft es mit Leichtigkeit, seine Stimme in gewissen Szenen in die Nähe von Hitlers Tonlage zu bringen. Da rinnt es dann doch eiskalt den Rücken herunter. Ein überzeugender Abend, bei dem man nicht umhinkommt, so manche Parallele zur Gegenwart zu ziehen.
(FAZ)
Mit "Der Himbeerpflücker" hat das Theater in der Josefstadt eine bitterböse Satire ausgegraben, die ausgezeichnet zu seinem Ensemble passt. Unter den durchwegs erfreulichen Schauspielleistungen seien vier hervorgehoben: Günter Franzmeier als Bürgermeister und Gastwirt; Susanna Wiegand als herzerwärmend pragmatische Kellnerin Burgerl; Alexander Strömer als authentisch dialektelnder Baumeister Ybbsgruber und - der Hit des Abends: Nordrhein-Westfale Claudius von Stolzmann, der in der Rolle des Hausdieners Zagl mit Halbglatze, Klumpfuß und fast perfektem Oberösterreichisch kaum wiederzuerkennen ist.
(Falter)
Regie
Stephanie Mohr
Bühnenbild
Miriam Busch
Kostüme
Nini von Selzam
Dramaturgie
Barbara Nowotny
Licht
Manfred Grohs
Konrad Steisshäuptl
Günter Franzmeier
Sieglinde
Paula Nocker
Burgerl
Susanna Wiegand
Alexander Kerz
Ulrich Reinthaller
Grappina
Martina Stilp
Doktor Schnopf
André Pohl
Schuldirektor Huett
Markus Kofler
Baumeister Ybbsgruber
Alexander Strömer
Fabrikdirektor Stadlmeier
Johannes Seilern
Rechtsanwalt Suppinger
Dominic Oley
Postenkommandant Ziereis
Paul Matić