Premiere: 21.09.2017
Georges Feydeau
Wie man Hasen jagt
ca. 2 Stunden, 15 Minuten (Pause nach ca. 70 Minuten)
Deutsch von Elfriede Jelinek
Ist eine Ehe denn nicht die
Verbindung zweier Herzen,
die einander lieben? Na
schön, folglich ist der wahre
Gatte der Liebhaber! Der
Ehemann ist nichts als der
Gatte, den die Gesellschaft
Ihnen zuteilt, wohingegen
der Liebhaber der Mann ist,
welchen das Herz wählt!
Moricet
Die Jagdsaison ist eröffnet, Monsieur Duchotel geht auf die Pirsch. Aber nicht, um diverses Wild zu erlegen, wie er seiner Frau Léontine weismacht. Sein "Hase" ist weiblich und äußerst menschlich. Das kommt dem Arzt Moricet, Freund des Hauses, gerade recht, denn der hat sich längst auf die Fährte der schönen Léontine gesetzt.
Und so trifft man sich zur allgemeinen Überraschung in Madame Latours ehrenwertem Haus für gehobene und andere Kreise. Zur allgemeinen Verwirrung taucht auch noch Duchotels smarter Neffe auf, der amouröse Abenteuer sucht, gefolgt vom gehörnten Cassagne, der seine Gattin der Untreue überführen will, und einem seltsamen Polizeikommissar, der lautstark Einlass begehrt zwecks beabsichtigter Verhaftung! Eine Katastrophe?
Nicht bei Feydeau! Die Anwesenden setzen alles daran, das Jägerlatein, in das sie sich verheddert haben, so weiterzuspinnen, dass in einer Gesellschaft, in der ohnehin nichts stimmt, der Schein gewahrt wird und nach außen hin niemand Schaden nimmt.
Der 1862 in Paris geborene Georges Feydeau war ein Meister wohl kalkulierter Verwicklungen, gezielter Irreführungen und irrwitziger Situationskomik. Sein aufwändiger Lebensstil, Spekulationen an der Börse und Spielschulden zwangen den von Natur aus bequemen Vater von vier Kindern immer wieder zum Schreiben. Nach einem turbulenten, ruhelosen Leben verstarb der Exzentriker 1921 geistig umnachtet in einer psychiatrischen Anstalt. Mit seinen Stücken, von denen die Hasenjagd das erste war, traf und trifft Feydeau seit 1892 regelmäßig mitten ins Herz der brüchigen bürgerlichen Moral.
Feydeau ist ein echter Vorläufer der Marx Brothers und anderer amerikanischer Komiker, bei denen alles mit offensichtlicher Beiläufigkeit beginnt, nur um dann in einem Furioso von Verrücktheiten zu enden, was gut eine treffende Karikatur unserer eigenen Handlungsweisen sein kann – unser Galopp in den Abgrund.
Eugène Ionesco
Folke Braband inszeniert Georges Feydeaus böses Vaudeville-Stück völlig überdreht, leicht und locker. Die Inszenierung ist so einschmeicheld wie die Musik (Felix Huber). Pauline Knof agiert entzückend und auch körperbetont, besonders im Zusammenspiel mit Niedermair, der an seiner Rolle das Nervöse, mit Schmelzer, der das Aalige betont. Eine perfekte Ménage-à-trois sind diese drei.
(Die Presse)
Brüllende Komik, Slapstick und Satire.
(KURIER)
Das Zusammenspiel funktioniert hervorragend. Ehefrau Leontine (Pauline Knof) und Freund des Hauses Moricet (Martin Niedermair) schleudern einander präzise Pointen zu, Ehemann Duchatel (Roman Schmelzer) komplettiert zum flotten Trio. Da spürt man Jelineks Textschärfe. Das Timing stimmt. Da vereinen sich Tiefsinn mit der Leichtigkeit einer Komödie in fabelhaften Schauspiel.
Alexander Strobele setzt seine Pointen als Polizist gekonnt. Tobias Reinthaller gefällt als Neffe Gontran. Knof zeigt ihre Leontine virtuos komisch ohne zu übertreiben.
(NEWS)
Georges Feydeaus Komödie "Wie man Hasen jagt" bildet, höchst amüsant, das waidwunde System einer vorgeblich auf Moral und Sitte basierenden (Jagd-)Gesellschaft ab. Es wuselt da die ziemlich ausgebuffte Léontine der Pauline Knof als Ginger-Rogers-Lookalike durch ihren Salon und bringt in einem herrlichen Schreianfall schon einmal eine Vase zum Bersten. Roman Schmelzer, groß, dünn und in grässlicher Karohose, ist ein ihr ebenbürtiges Schlaucherl, und der nur scheinbar zurückhaltende Moricet des Martin Niedermair ist so lange vergeistigter Poet, wie er damit Léontine zum Ehebruch verleiten kann.
Braband setzt auf Tempo und präzise Übergänge, was vor allem das genannte Trio bestens, sprachlich als auch mit vollem Körpereinsatz, meistert.
Sehr lustig sind die schnellen Szenen mit den patscherten Polizisten (Jörg Reifmesser und Manuel Waitz), gelungen die nicht allzu breitgetretenen Slapstick-Elemente. Eine vergnügliche Jagd nach Haserln aller Art, begeistert aufgenommen vom (bürgerlichen!) Josefstadt-Publikum.
(Tiroler Tageszeitung)
Pauline Knof brilliert mit Witz und Temperament als begehrte Léontine.
(oe24.at)
Elfriede Jelineks Übersetzung zieht eine reizvolle Ebene in Feydeaus Text: Die grotesken, unwahrscheinlichen Wendungen werden noch einmal ironisiert, indem darauf hingewiesen wird, dass man sich das ja wirklich vorher hätte denken können, dass dieser Unfug passieren wird. Pauline Knof als Leontine beherrscht diesen seriösen Sarkasmus besonders gut. Wie überhaupt ihre Leontine eine Freude ist. Die Musik-Einspielungen erinnern an Filme in besonders aufwühlenden Momenten - gut dosiert führen sie zu zackigem Slapstick in Nick-Knatterton-Comic-Manier. Der Abend punktet mit heiter-unaufdringlicher Albernheit, die niemandem wehtut. Eine zutiefst josefstädtische Josefstadt-Inszenierung - auf eine gute Art.
(Wiener Zeitung)
Das Persiflieren der Rachegefühle und des damit verbundenen scheinheiligen Tuns gelingt in schnellen Schnitten und akkurater Mimik insbesondere Pauline Knof sehr gut, die als Protagonistin auch mit rustikaler Haute Couture ihren Wert zur Schau stellt. Groß und glitzernd ist ihre Robe für die vorsätzliche Eskapade, übertrieben schwülstig wie das rot tapezierte Boudoir, in das sie der galante, aber doch hormonell labile Moricet ausführt (Bühne und Kostüme: Stephan Dietrich). Madame Latour (Elfriede Schüsseleder) und Cassagne (Holger Schober) geben als veritable Nestroyfiguren einen erfrischenden Widerpart in diesem Amour-Hickhack der gehobenen Stände ab. Auch Alexander Strobele als Polizeikommissar Bridois mit Überraschung unterm Zylinder vollbringt herzhafte Auftritte.
(Der Standard)
Regisseur Folke Braband erfreut mit seiner inspirierten, präzisen Regie. Tempo und Timing stimmen, die Pointen sitzen punktgenau. Mit leichter, aber treffsicherer Hand gestaltet er einen Abend zum feingeistigen Schmunzeln, nicht zum herzhaften Schenkelklopfen. Unterstützt in seinen Ideen wird der Regisseur von den hellwachen Josefstadt-Schauspielern, die die hohe Kunst der Komödie aus dem Effeff beherrschen. Allen voran Pauline Knof, Martin Niedermair und Roman Schmelzer.
Braband und sein Ensemble haben sichtlich Spaß an der Figurenüberzeichnung, jeder Charakter ist hier eine Type, vom Irrwitz der tumultösen Handlung umzingelt und ergo zunehmend am Rande des Nervenzusammenbruchs. Die Not ihrer Figuren wird von den Darstellern dabei bitterernst genommen, dies das erste Gebot für gute Komödien, denn nur so kann Komik entstehen.
Im Mittelpunkt des Geschehens steht die wunderbare Pauline Knof als Léontine. Martin Niedermair gibt den Moricet - dass der wunderbare Komödiant in runtergelassenen Hosen beste Figur macht, versteht sich. Tobias Reinthaller begeistert als Duchotels Neffe Gontran, Holger Schober, als Cassagne ein breiten Wiener Dialekt sprechender Simpel. Elfriede Schüsseleder gestaltet ihre Rolle als kleines Glanzstück.
(Mottingers Meinung)
Folke Braband hat seine Inszenierung zu einem rauschenden Komödienfest verquickt. Er versteht es, den richtigen Rhythmus für das schräge Verwirrspiel zu finden. Mit Ironie und Augenzwinkern geht der Schlagabtausch zwischen Frauen und Männern über die Bühne. Das Tempo stimmt. Ein kurzweiliges Vergnügen, dass sich zu großartigen Slapstick-Szenen voller Situationskomik hocharbeitet. Screwball-Komödien aus den 1930er-Jahren, Louis de Funès und die Marx Brothers lassen grüßen.
(Die Furche)
Regie
Folke Braband
Bühnenbild und Kostüme
Stephan Dietrich
Musik
Felix Huber
Dramaturgie
Doris Happl
Licht
Manfred Grohs
Duchotel
Roman Schmelzer
Léontine
Pauline Knof
Moricet
Martin Niedermair
Cassagne
Holger Schober
Gontran
Tobias Reinthaller
Babet
Gioia Osthoff
Madame Latour
Elfriede Schüsseleder
Bridois, Polizeikommissar
Alexander Strobele
Erster Polizist
Jörg Reifmesser
Zweiter Polizist
Manuel Waitz