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Kammerspiele der Josefstadt
Premiere: 13.09.2018

Daniel Glattauer

Vier Stern Stunden

Uraufführung

ca. 1 Stunde, 30 Minuten, keine Pause

BREM: Was kann schon so Übles passiert sein bei Ihnen?
TRÖMERBUSCH: Das Übelste, das einem passieren kann.
BREM: Das Übelste, das einem passieren kann, ist mir passiert.
TRÖMERBUSCH: Ich bin verlassen worden.
BREM: Und ich bin entlassen worden.
TRÖMERBUSCH: Ich wusste es, mein Tag war übler.
BREM: Warum?
TRÖMERBUSCH: Verlassen zu werden ist übler als entlassen zu werden.
BREM: Wer sagt das?
TRÖMERBUSCH: Die Sprache. Das sagt uns die deutsche
Sprache. "Ver" ist immer übler als "Ent". Entrinnen – die Rettung. Verrinnen – ein Auslaufen, ein Ende.
BREM: Sehr interessant.
TRÖMERBUSCH: Entgiften – die Rettung. Vergiften – der Tod. Verspannen – der schmerzvolle Krampf. Entspannen – die heilvolle Erlösung. Verdecken – ein Zuschütten. Entdecken – die Eroberung der Welt. Ja, Frau Brem, "Ver" ist immer übler als "Ent".
BREM: Nicht immer, Herr Trömerbusch. Nehmen Sie "verzaubern" und "entzaubern". Wie schön ist das eine, wie ernüchternd und traurig das andere.
TRÖMERBUSCH: Der Schein trügt, Frau Brem. Die Entzauberung, das ist bloß die beginnende Einsicht, die Rückkehr zur Wirklichkeit. Sie mag schmerzvoll sein, aber sie bringt die Heilung. Die Verzauberung, das ist die Verblendung, das wahre Übel. Verzaubert zu werden – das ist furchtbar. Man ist nicht mehr man selbst. Glauben Sie mir, Frau Brem, ich weiß es. Ich bin verzaubert worden.

Ein berühmter Schriftsteller in der Krise, eine ambitionierte Kulturjournalistin und ein in die Jahre gekommenes Kurhotel bilden den Rahmen für das neue Stück von Daniel Glattauer, in dem der Erfolgsautor nicht nur einen humorvoll-kritischen Blick auf den Literaturbetrieb, sondern auch auf das Älterwerden wirft.

"Vier Stern Stunden" ist etwas Besonderes. Nicht nur, weil Glattauer äußerst treffend die schreibende Zunft aufs Korn nimmt. Dieses Stück zeigt die besten Seiten dieses Autors, sein Talent für schlagfertige und doch nicht routiniert schnurrende Dialoge, sein Einfühlungsvermögen in den Zeitgeist. "Vier Stern Stunden" weckt allerlei Assoziationen, nicht nur an Stefan Zweig, auch an "Zur schönen Aussicht", wiewohl es menschlicher zugeht als in Horváths Drama.
Michael Kreihsl hat diesmal mit viel Gespür für die richtige Tonmischung inszeniert – in einem an Christoph Marthaler erinnernden Ambiente (Bühne: Ece Anisoglu, Kostüme: Birgit Hutter!). Das Ensemble ist großartig: August Zirner hat sich offenbar sämtliche schriftstellerischen Ekelpakete zu Gemüte geführt, um die grantige Berühmtheit Frederic Trömerbusch zu gestalten, Susa Meyer bezaubert als Journalistin, eine träumerische Frau und eine Traumfrau, Martina Ebm ist goldrichtig besetzt als kecke Bloggerin Lisa und Dominic Oley bietet als Hotelier seine eigene Comedyshow.
Die Prognose, dass "Vier Stern Stunden" viele Herzen wärmen, seinen Weg nach Deutschland finden und bald verfilmt werden wird, ist nicht allzu gewagt.
(Die Presse)

August Zirner hievt seinen Literaten in fast Bernhard’eske Höhen, Susa Meyer gibt eine wackere Journalistin, Martina Ebm legt ihre Bloggerin als Vorstadtweib an und Dominic Oley zeigt kernige Kanten.
(KURIER)

Daniel Glattauer stopfte kreuzweise Emotionen und viel Sprachwitz in 90 pausenlose Minuten. An komischen Überraschungen fehlt es nicht im Bäumchen-wechsle-dich-Spiel. August Zirner gibt dem angeblichen Weltkünstler altersmelancholische Wehmut. Ein lästiger, doch auch erbarmungswürdiger Leergebrannter, der schon alles gesagt, geschrieben hat.
(Wiener Zeitung)

Launig und mit vielen Bonmots geht das pausenlose Stück von einer Rederunde in die nächste. Moderne Zeiten, Beziehungskisten, Identitätskrisen, selbst Potenzprobleme werden in locker-leichter Art angesprochen, mit Witz gespickt.
Regisseur Michael Kreihsl behält Glattauers Lockerheit bei. Es gibt Szene um Szene in dem "Kurhotel" (Bühne: Ece Anisoglu) zum Gaudium des Publikums kleine Gags. Glück hat er dabei mit dem Ensemble, mit August Zirner als geplagtem Trömerbusch, Martina Ebm als seine Geliebte Lisa, Susa Meyer als bald aufmüpfige Journalistin Brem und Dominic Oley als Junghotelier Reichenshoffer.
(Kronen Zeitung)

Die sarkastischen Dialoge laufen wie am Schnürchen, die Situationskomik hat den Zeitgeist eingefangen und tanzt mit ihm Ringelreihen. An den besten Stellen ist das Stück eine bitterböse Satire, und weil der Glattauer eben der Glattauer ist, kommt auch das Menschlich-Herzliche nicht zu kurz.
Glattauer-Spezialist Michael Kreihsl hat mit viel Gespür fürs richtige Timing inszeniert. Sein Darstellerquartett ist hervorragend, ihr sympathisches Schauspiel ist es, dass dem Abend eine ganz besondere Note verleiht. August Zirner gibt einen zwischen Selbstverliebtheit und Selbstzweifel changierenden Literaturgott, mit seinem fabelhaften Spiel gelingt es ihm auch dessen Verletzlichkeit zu zeigen. Mit Susa Meyer und ihrem Abgefertigt-Werden lässt sich wunderbar mitleiden, Dominic Oley überzeugt als Kultur-Erbe, der kein Kulturerbe mehr will, Martina Ebm als freche Bloggerin Lisa.
(Mottingers Meinung)

Regie
Michael Kreihsl

Bühnenbild
Ece Anisoglu

Kostüme
Birgit Hutter

Dramaturgie
Silke Ofner

Licht
Franz Henmüller

Frederic Trömerbusch
August Zirner

Lisa
Martina Ebm

Mariella Brem
Susa Meyer

David-Christian Reichenshoffer
Dominic Oley