Premiere: 21.02.2013
Gilles Dyrek
Venedig im Schnee
ca. 1 Stunde, 25 Minuten, keine Pause
Diese skurrile Grundsituation führt in Folke Brabands flotter Regie zu etlichen Lachern; viele Pointen zünden.(...)An der Spitze Hilde Dalik als sexy Patricia, die alle komödiantischen Register zieht. Aber auch Martin Niedermair als herrlich überforderter Christophe, Alexandra Krismer als ach so wohltätige Nathalie und Oliver Huether als spießiger Jean-Luc brillieren. Ihnen sieht man sehr gern zu.
Patricia wird von ihrem Freund Christophe, mit dem sie sich heftig gestritten hat, zu einem Abendessen bei seinem ehemaligen Studienkollegen und dessen Verlobter mitgeschleppt. Wütend auf Christophe und die turtelnden Gastgeber beschließt sie, den ganzen Abend kein Wort von sich zu geben. Dies führt dazu, dass sie für eine Ausländerin gehalten wird. Perfide und mit schelmischem Vergnügen steigt Patricia in dieses Spiel ein: Plötzlich redet sie eine Phantasiesprache und erfindet sich ein vom Krieg heimgesuchtes Heimatland mit dem Namen Chouvenien. Und auch Christophe bleibt nichts anderes übrig, als in das Spiel seiner Freundin einzusteigen. Als die Gastgeber Geschenke für die notleidende Bevölkerung in Patricias Heimat aufdrängen, greift sie freudig zu - bis das Ganze auf absurde Weise ausartet.
"Venedig im Schnee" ist eine virtuose Karikatur der verlogenen Humanitätsduselei, durch die sich viele in unserer Gesellschaft ein ruhiges und gutes Gewissen erkaufen wollen, und damit nicht nur eine famos funktionierende Komödie, sondern darüber hinaus eine böse und entlarvende Gesellschaftssatire.
Gilles Dyrek wurde 1966 in Paris geboren. Parallel zu seiner Karriere als Schauspieler in Theater und Fernsehen spielte und inszenierte er in Frankreich auch viele seiner eigenen Stücke. "Venise sous la neige" ("Venedig im Schnee") wurde im Juni 2003 im Théâtre de la Pépinière-Opéra in Paris uraufgeführt.
NATHALIE: (zu PATRICIA) Dein Land, wie es heißen? Land? Hier, Frankreich. Du, dein Land, wo? Where are you from?
PATRICIA: (tut so, als würde sie verstehen) Ah! My country? Chouvenia.
JEAN-LUC: Chouvenia?
PATRICIA: Chou-we-ni-en.
NATHALIE: (zu CHRISTOPHE) Chouwenien?
CHRISTOPH: (immer überforderter) Ähm, ja…
NATHALIE: Wo liegt das?
PATRICIA: Chouwenien esta para moss Jugoslavia parog.
JEAN-LUC: (als würde er verstehen) Völlig klar!
NATHALIE: (zu JEAN-LUC) Was hat sie gesagt?
JEAN-LUC: (zu CHRISTOPHE) Liegt das nicht in Jugoslawien?
NATHALIE: Sie ist eine Jugoslawin?
PATRICIA: Joj, Chouwenien. Ex-Jugoslavia.
NATHALIE: (zu JEAN-LUC) Chouwenien, hast du schon mal was davon gehört?
JEAN-LUC: (völlig selbstverständlich) Aber natürlich, sicher…Neulich, als da Krieg war, haben doch alle davon geredet.
NATHALIE: Ah ja, stimmt. Ist das nicht da, wo mal die Ärzte ohne Grenzen waren?
Die Aufführung in den Kammerspielen ist schlichtweg brilliant.(...)Das Publikum darf nach Herzenslust lachen, und es darf erkennen. Es scheint, der nächste Kassenschlager des Hauses ist gefunden.
(Der neue Merker)
(...)eine urkomische, Lachstürme provozierende Farce. Hilde Dalik: meisterhaft, drastisch und dabei sensibel.(...)Für die Kammerspiele war diese letzte Premiere vor der Generalsanierung des Hauses jedenfalls ein begeistert akklamierter Volltreffer.
(Wiener Zeitung)
Stücke wie "Venedig im Schnee" sind Therapiestunden. Auf die Couch gebeten wird die ganze Wohlstandsgesellschaft.
(Der Standard)
Regie
Folke Braband
Bühnenbild und Kostüme
Stephan Dietrich
Dramaturgie
Silke Ofner
Licht
Franz Henmüller
Nathalie
Alexandra Krismer
Jean-Luc
Oliver Huether
Patricia
Hilde Dalik
Christophe
Martin Niedermair