Premiere: 17.11.2022
Thomas Bernhard
Ritter, Dene, Voss
ca. 2 Stunden, 50 Minuten (Pause nach ca. 100 Minuten)
Wir drei
Haben nie zusammen gepaßt
zu exaltiert
zu außergewöhnlich
Intelligenzgeschwister
LUDWIG
In seiner 1982 erschienenen Erzählung Wittgensteins Neffe schildert Thomas Bernhard seine Freundschaft zu Paul Wittgenstein, dem Neffen des Philosophen Ludwig Wittgenstein. Der Nachkomme einer der reichsten Familien Österreichs und Enfant terrible der Wiener Gesellschaft verbrachte viele Jahre seines Lebens in psychiatrischen Anstalten. 1986 machte Bernhard den Freund zum Protagonisten eines Theaterstücks, das seinen Titel den Darsteller*innen der Uraufführung verdankt.
"In nahezu allen Dramen Bernhards versammeln sich die Figuren um einen Tisch: Es ist das Szenario, das zur Kommunikation herausfordert wie sonst nichts und das doch unweigerlich ins Desaster führt. So eine Szene muss in der Katastrophe enden. Sie endet bei Bernhard in der Brandteigkrapfenkatastrophe."
Wendelin Schmidt-Dengler
Die psychologische Feinzeichnung der Darstellerinnen und auch der Bühnenberserker Krisch begeistern.
(Kleine Zeitung)
Im Theater in der Josefstadt hat Regisseur Peter Wittenberg das Stück mit Sandra Cervik (Ritter/ältere Schwester), Maria Köstlinger (Dene/jüngere Schwester) und Johannes Krisch (Voss/Ludwig) inhaltlich von den Vorzeichen befreit und ins Immergültige überführt. Die ältere Schwester erschöpft sich in einem Exzess von häuslicher Betulichkeit. Alles soll perfekt sein, wenn der inzestiös verehrte Bruder für einige Tage nach Hause kommt. Cervik vertieft sich ohne Firlefanz in die Verlorenheit ewiger Enttäuschungen. Der jüngeren Schwester verleiht Köstlinger durch gelassene Distanz eine Erhabenheit, die dem Abend guttut. Für die Gewitter, die diesen familiären Saustall keineswegs reinigen, ist Krisch zuständig. Abgesehen von der krachenden Brandteigkrapferl-Szene drückt er kräftig auf die Tube. Blendend zärtlich arbeitet Krisch alsbald das Unvermögen der Figur für Nähe und Distanz heraus. In diesen Momenten wird der Abend zum Triumph. „Ritter, Dene, Voss“ erfährt jene zeitlose Tragfähigkeit, die diesem Text gebührt. Fazit: Großes Sprach-Theater über die groteske Welt der enttäuscht Lebenden und mächtigen Toten.
(OÖ Nachrichten)
Peter Wittenberg hat "Ritter, Dene, Voss" mit Stars des Ensembles beherzt erneuert. Sehenswert. Was die neuen Protagonisten aus der Aufführung machen, ist keine billige Imitation längst verklärter Burgtheater-Zeiten: Johannes Krisch, Sandra Cervik und Maria Köstlinger passen genau ins Kalkül. Drei Publikumslieblinge im erbaulichen Schauspielertheater. Cervik vermittelt intensiv Anspannung, während Köstlinger die Jüngere patzig und passiv spielt. Punktgenau die gegenseitigen Verletzungen. Krisch konzentriert sich aufs Mienenspiel, bald versprüht er reichlich Irrsinn, spielt die totale Zertrümmerung ganz körperlich. Cervik und Köstlinger assistieren ihm dabei, sie spiegeln seinen Wahn in verhaltener Art und mit traumhafter Sicherheit in Ausdruck und Bewegung.
(Die Presse)
Peter Wittenberg lässt seine Neuinszenierung in einem Museum spielen, und das ist eine gelungene, ironische Pointe. Eine ebensolche: Die Bilder an der Wand zeigen die Porträts der drei großen Schauspieler, denen Bernhard sein Stück gewidmet hat – Gert Voss, Kirsten Dene und Ilse Ritter. Sandra Cervik Spielt "Dene", die ältere Schwester, die den Bruder mit ihrer Zuwendung terrorisiert und die am liebsten alle Konflikte unter Fleischsoße begraben würde. Cervik spielt sehr zurückhaltend, aber man spürt die mühsam unterdrückte Aggression. Maria Köstlinger gibt hinreißend die jüngere Schwester, welcher der innere Kampf zwischen dem Wunsch nach Ausbruch und der Angst vor diesem die langen Glieder verbiegt. Johannes Krisch zeigt den psychisch kranken Philosophen mit entgleisender Mimik. Ein spannender Theaterabend.
(KURIER)
Die Josefstadt misst sich mit überlebensgroßen Vorbildern und kann bestehen, Peter Wittenberg gelingt ein beachtliches Resultat. Sandra Cervik in der Dene-Rolle, eine brünstige Büßerin ohne Erlösungsperspektive, und Maria Köstlinger als Schlange paradiesischer Versuchung bereiten den Weg für Johannes Krisch, der eine klinische Studie von albtraumhaftem Charme bis zur Detonation steigert.
(Kronen Zeitung)
Peter Wittenberg bringt Thomas Bernhards ikonisches Stück mit Johannes Krisch, Maria Köstlinger und Sandra Cervik und mit ironischem Twist wieder auf die Bühne. Wiederbelebung erfolgreich.
(APA)
Regie
Peter Wittenberg
Bühnenbild
Florian Parbs
Kostüme
Alexandra Pitz
Dramaturgie
Silke Ofner
Licht
Manfred Grohs
Voss ist Ludwig
Johannes Krisch
/ Michael Dangl
Dene seine ältere Schwester
Sandra Cervik
Ritter seine jüngere Schwester
Maria Köstlinger