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Theater in der Josefstadt
Premiere: 02.02.2012

Ödön von Horváth

Geschichten aus dem Wiener Wald

Volksstück in drei Teilen

ca. 2 Stunden, 40 Minuten, eine Pause

Man wirft mir vor, ich sei zu derb, zu ekelhaft, zu unheimlich, zu zynisch und was es dergleichen noch an soliden, gediegenen Eigenschaften gibt – und man übersieht dabei, daß ich doch kein anderes Bestreben habe, als die Welt so zu schildern, wie sie halt leider ist. – Und daß das gute Prinzip auf der Welt den Ton angibt, wird man wohl kaum beweisen können – behaupten schon. – Der Widerwille eines Teiles des Publikums beruht wohl darauf, daß dieser Teil sich in den Personen auf der Bühne selbst erkennt – und es gibt natürlich Menschen, die über sich selbst nicht lachen können – und besonders nicht über ihr mehr oder minder bewußtes, höchst privates Triebleben.
Ödön von Horváth (Interview vom 6. April 1932)

Erstklassiges Ensemble! Gelungene Regie. Immer wieder stockt einem in dieser fast dreistündigen Aufführung, die sich alle Zeit, die sie braucht, nimmt und dennoch nie langweilig wird, der Atem angesichts von Horvaths Geniestreich: Dialoge, in denen sich Abgründe auftun, Charaktere, die in allen denkbaren Farbschattierungen schillern... So soll es sein!
(APA)

Josefstadt-Chef Herbert Föttinger hat die Bühne weitgehend leer geräumt, den Text gestrafft und auf unnützen Schnickschnack verzichtet: Bösartig, kalt und egoman sind seine Figuren durch die Bank. Sandra Cervik gibt der abgetakelten Trafikantin Valerie gekonnt eine komödiantische derbe Note, Erwin Steinhauer ist als Zauberkönig abgründig, und die junge Alma Hasun stellt ihre Marianne angenehm unpathetisch dar.
(Profil)

Wiener Horváth- Contest: Sieg für die Josefstadt.
Nach Inszenierungen im Volkstheater (2008) und im Akademietheater (2010) hatte Ödön von Horváths bitterböses Volksstück "Geschichten aus dem Wiener Wald" nun auch in der Josefstadt Premiere, wo es eigentlich am besten aufgehoben ist – gehört doch eine "stille Straße im achten Bezirk" zu den Hauptschauplätzen. Die Tragödie der jungen Marianne, die aus dem Joch ihres kleinbürgerlichen Vaters ausbricht und dafür bitter bezahlen muss, findet hier allerdings durchgehend im Wald, zwischen Baumstämmen, statt. Herbert Föttinger erweist sich einmal mehr als souveräner Regisseur. Seine szenische Intelligenz zeigt sich beispielhaft in zwei Nacktszenen. Am Anfang, wenn Marianne beim Baden in der Donau den Strizzi Alfred Küsst und dabei überrascht wird, lässt Föttinger sie- anders als im Stück vorgegeben – nackt auftreten. Die Schutzlosigkeit, aber auch der Mut Mariannes werden dadurch sehr anschaulich gemacht. Ganz anders löst Föttinger jene immer etwas problematische Szene nach der Pause, in der Marianne im Maxim auftritt: Diese Nacktszene findet hier im Off – also gar nicht – statt. Neben der erst 22-jährigen Alma Hasun, die die Marianne überzeugend mit ungekünstelter Lebenswut ausstattet, gibt es mit Thomas Mraz (Kaberettgehern als Partner von Michael Niavarani bekannt) einen weiteren Schauspieler zu entdecken; Mariannes Verlobten, den Fleischhauer Oskar, spielt er mit teigiger Grausamkeit. Die anderen Hauptrollen des Stücks sind bei Erwin Steinhauer (Zauberkönig), Florian Teichmeister (Alfred), Sandra Cervik (Valerie) und Erni Mangold (Großmutter) sowieso in besten Händen. Keine Frage: Den Wettstreit der Wiener Großbühne um die beste Inszenierung der "Geschichten aus dem Wiener Wald" hat die Josefstadt für sich entschieden.
(Falter)

[...] Florian Teichmeister stattet den bösen Strizzi Alfred mit ungewohnter Jugendfrische und einem Hauch von echtem Sentiment aus. Alma Hasun ist keine arme Haut, sondern eine ziemlich emanzipierte Marianne, die sich fast bis zum Schluss nicht unterkriegen lässt. Alexander Strobele macht aus dem schmierigen Gauner Hierlinger beinahe einen Mann von Welt. Als Zauberkönig entzückt Erwin Steinhauer. [...]
(Die Presse)

Das Theater in der Josefstadt zeigt mit Ödön von Horváths "Geschichten aus dem Wiener Wald" wieder einmal, was das Haus an Außerordentlichem leisten kann. Man dankt dies dem Direktor Herbert Föttinger, der als Regisseur einzig will, Horváth zu inszenieren — das aber so kompromiss- wie gnadenlos.(...)In einem genial abstrahierten Bühnenbild von nackten Baumstämmen (Rolf Langenfass) entkleidet Föttinger das Geschehen all seiner "Wienerischen" Atmosphäre, um zum harten Kern des Geschehens vorzudringen: den alltäglichen Menschen, die sich (im Sinne des Herrn Karl) für so gut halten und eigentlich so fürchterlich sind. Ihre Sprache entlarvt sie, ihre Taten entlarven sie, die Josefstädter Aufführung stellt sie ganz ohne Übertreibungen hin.(...) Wenn man Horváth schon spielt — ja, dann so.
(Neues Volksblatt)

Erni Mangold, meine Damen und Herren! Erni! Mangold! Sie ist eine Sensation in Herbert Föttingers Inszenierung von "Geschichten aus dem Wiener Wald" in der Josefstadt. Sie spielt die kindsmordende Großmutter mit atemberaubender präziser, eisiger Bösheit. Ihre Darstellung ist so uneitel großartig, dass man ihr den ganzen Abend lang zuschauen möchte.(...)
(Kurier)

Starker Applaus des Premierenpublikums mit etlichen Bravos.
(Oberösterreichische Nachrichten)

[... ] Auf der Bühne sind lediglich stilisierte Bäume zu sehen, es gibt kein Verstecken, die Charaktere sind ganz entblößt. Und das durchaus auch im physischen Sinne. So steht Alma Hasun, eine sehr junge, verletzliche Marianne, in der Szene "An der schönen blauen Donau", in der sie sich dem Tunichtgut Alfred, genial schmierig verkörpert von Florian Teichtmeister, an den Hals wirft, tatsächlich nackt auf der Bühne,(...). Sandra Cervik, Gattin des inszenierenden Hausherrn, zeigt die Tragik dieser vielleicht traurigsten Gestalt des Stückes in allen Nuancen. Das wahre Trio infernal aber sind der Zauberkönig, Oskar und die Großmutter – Scheinheiligkeit, Bosheit und Grausamkeit in Person.(...)Kann man den Anderen noch bis zu einem gewissen Punkt menschliche Unzulänglichkeit zugute halten, scheint das bei der Großmutter kaum möglich. Grausam, berechnend und manipulativ, versucht sie alles in ihrer Umgebung zu kontrollieren – und schreckt nicht einmal davor zurück, dafür zu sorgen, daß Alfreds und Mariannes Kind stirbt. Eine idealere Besetzung als Erni Mangold scheint derzeit kaum denkbar – sie ist "die" Großmutter ihrer Zeit. Trotz seiner mehr als 80 Jahre hat das Werk nichts an Kraft, Brisanz und Aktualität eingebüßt. Absolut zeitgemäß und doch absolut werktreu – zu diesem wahrlich nicht einfachen Spagat allen Beteiligten ein ganz großes "Bravo"!
(European News Agency)

[...] die Josefstädter Aufführung eine der besten, die man je gesehen hat, und das geht zweifellos voll auf das Konto von Direktor und hier auch Regisseur Herbert Föttinger. Er schlägt von der ersten bis zur letzten Minute den richtigen Ton für dieses Stück an,(...). In sich stimmt einfach alles. Denn hier waltet kein eitles Regisseur-Ego ("Seht her, was mir alles eingefallen ist!"), hier inszeniert ein Mann mit Theaterverstand Horváth.
Eines der besten Bühnenbilder, die Rolf Langenfass da geschaffen hat, hilft sehr: Baumstämme, aber schlanke, blattlose, willkürlich verteilt auf einer Drehbühne. Und man ist überall – in der Stadt, im Wald, am Land.(...)
Da ergeben sich unglaubliche Leistungen, vor allem Sandra Cervik als Valerie – der stete Kampf dagegen, eine abgewrackte Alte zu sein, die sich mit ihren jungen Liebhabern selbst verachtet und dennoch immer wieder die Bestätigung aus Frau sucht, obwohl sie genau weiß, wie sehr sie dafür bezahlt (im doppelten Sinn). Das ist eine Großleistung, man merke sie für den nächsten "Nestroy" vor, was Besseres wird nicht so schnell kommen.
Den Strizzi Alfred haben noch so gut wie alle Interpreten getroffen, und das ist bei Florian Teichtmeister nicht anders, der diesen Typen mit einer bestrickenden Fülle von auch widersprüchlichen Tönen ausstattet. Was sollte auch aus ihm geworden sein, wenn man sieht, woher er kommt? Auch die "böse" Großmutter war immer ein Meisterstück, selbst Humorbomben wie eine Adrienne Gessner ließen einem dabei das Blut gefrieren, und Erni Mangold(...)bringt menschliche Niedrigkeit und Gemeinheit wie kaum eine andere auf die Bühne(...). Böser und schärfer als sonst zeichnet Gabriele Schuchter Alfreds Mutter, während der Hierlinger Ferdinand oft als "böser Dämon" Alfreds hingestellt wird, aber von Alexander Strobele hier vor allem die äußere Verbindlichkeit dieser Vorstadt-Könige erhält.
(Der neue Merker)

Regie
Herbert Föttinger

Bühnenbild und Kostüme
Rolf Langenfass

Musikalische Leitung
Andreas Salzbrunn

Dramaturgie
Ulrike Zemme

Licht
Emmerich Steigberger

Ton
Thomas Haas

Ton
Karl Szalay

Ton
Michael Huemer

Der Mister

Alfred
Florian Teichtmeister

Die Mutter
Gabriele Schuchter

Die Großmutter
Erni Mangold

Der Hierlinger Ferdinand
Alexander Strobele

Valerie
Sandra Cervik

Oskar
Thomas Mraz

Ida
Antonia Jung

Havlitschek
Matthias Franz Stein

Rittmeister
Toni Slama

Eine gnädige Frau
Therese Lohner

Marianne
Alma Hasun

Zauberkönig
Erwin Steinhauer

Tante
Susanna Wiegand
Bettina Schwarz

Erich
Rasmus Borkowski

Emma
Eva Mayer

Beichtvater
Kurt Sobotka