Premiere: 12.10.2006
Anton Tschechow
Die Möwe
Auf dem Landgut ihres Bruders versammelt Arkadina, ehemals berühmte Schauspielerin, eine Gesellschaft um sich, um hier die Ferien mit ihrer "letzten Liebe" Trigorin, einem angesehenen, erfolgreichen Schriftsteller, zu verbringen. Ihr Sohn Konstantin hat ein Stück geschrieben, mit dem er die theatralischen Konventionen sprengen will; Nina, eine junge angehende Schauspielerin, in die er verliebt ist, soll die Hauptrolle verkörpern, aber er findet weder Verständnis noch Anerkennung bei den arrivierten Künstlern. Ninas zunehmendes Interesse für den Geliebten seiner Mutter stürzt Konstantin in die Krise: Er ist als Künstler gescheitert.
Jubel... Bravos... Regisseur Becker lässt eine scharfe, böse, ebenso witzige wie erschreckende, niemals weinerliche Komödie spielen... Gerti Drassl ist ein Theaterereignis.
(Kurier)
So lustig kann Tschechow sein. Die eitle und zum Kitsch neigende Künstlergesellschaft in der Möwe wird in Beckers Inszenierung aufs Glatteis geführt. Daran muss man sich als Zuschauer zunächst gewöhnen, dann spielt man gerne mit. Schlimmstenfalls ist das Jugendtheater-Gemurkse, bestenfalls der lustigste Tschechow seit je. Gerti Drassl macht bei Beckers Slapstick am faszinierendsten mit, auch Andrea Eckert ist als Theaterprimadonna Arkadina nicht nur große Charakterdarstellerin, sondern auch Komödiantin. Sah man zu Beginn skeptisch zu, hat man bis zur Pause schon viel und herzhaft gelacht. (...)
Gerti Drassl als Vertreterin der jungen leidenschaftlichen Schauspieler-Zunft begeistert mit ihrem Repertoire an wilden Gefühlsäußerungen. Andrea Eckert ist eine enorme Bereicherung für die Josefstadt.
(Österreich)
Eckert exerziert die aggressive Erotik einer Täterin mit Ablaufuhr: Sie schwingt den schwarzen Seidenschal, als müsse sie eine Schar von Hornochsen zur letzten Corrida anstacheln.
(Der Standard)
Ein interessanter Charakter: Dietrich Hollinderbäumer als Sorin. 28 Jahre hat er mit staubigen Gerichtsakten verbracht, immer wollte er etwas erleben, nichts ist ihm gelungen. Begeistert begrapscht er die nackten Arme der "Möwe" Nina, doch er erntet nur Spott und Ermahnungen mit seinen Tiraden. Am Schluss füttert ihn sein Neffe mit Babynahrung, hernach wird er in ein Eck geschoben und schlafend stehen gelassen. Da ereignet sich eine Tragödie und keiner will dabei sein, schon gar nicht der Betroffene.
(Die Presse)
Die eindrucksvollste Figur des Abends zeichnet mit diskreter Präsenz Dietrich Hollinderbäumer als Akardinas Bruder Sorin, der zu spät erkennt, dass er im Grunde am Leben vorbeigelebt hat und noch als Todkranker im Rollstuhl darauf insistiert, endlich "zu leben".
(Wiener Zeitung)
Während die Alten abgebrüht mit ihrem Unglück umgehen, trifft es die Jüngeren existentiell. Aber selbst im exaltierten Ausdruck bleibt der genialische, von seiner Mutter verhöhnte Kostja (Florian Teichtmeister) nicht eindimensional, er bietet dem Publikum eine umfassenden Gefühlspalette an.
(Salzburger Nachrichten)
Wären da noch die anderen, wie etwa Mascha. Sie ist das, was sich die Macher des Abends etwa unter den jungen Wilden von heute vorstellen: Die "No way out"-Generation mit Gruftie-Charme, vorwiegend in schwarz gekleidet, mit Dreadlocks und Dosenbier. Maya Bothe bestimmt durch ihre Präsenz den Abend. Auch wenn sie in gängige Klischees eintaucht, hält sie ironische Distanz.
(APA)
Und dann die Diva, die Eckert! Gewohnt artistisch, mit großen Allüren macht sie die Arkadina, hat ihren Schriftsteller Trigorin (Michael von Au) im Schlepptau und ist ganz Schauspielerin.
(Kronen Zeitung)
Drei Junge, die interessieren: Gerti Drassl, Maya Bothe und Florian Teichtmeister haben sich ihr Restleuchten bewahrt.
(News)
Regie
Hans-Ulrich Becker
Bühnenbild
Alexander Müller-Elmau
Kostüme
Gabriele Sterz
Musik
Thomas Hertel
Dramaturgie
Rosina Raffeiner
Licht
Manfred Grohs
Regieassistenz
Anna-Sophie von Gayl
Ton
Hans Peter Stubenrauch
Ton
Michael Huemer
Ton
Sylvia Matiz
Irina Nikolajewna Arkadina, verheiratete Trepljowa, Schauspielerin
Andrea Eckert
Konstantin Gawrilowitsch Trepljow, ihr Sohn
Florian Teichtmeister
Pjotr Nikolajewitsch Sorin, ihr Bruder
Dietrich Hollinderbäumer
Nina Michajlowna Saretschnaja, Tochter eines reichen Gutsbesitzers
Gerti Drassl
Ilja Afanasjewitsch Schamrajew, Leutnant im Ruhestand, Sorins Gutsverwalter
Siegfried Walther
Polina Andrejewna, seine Frau
Sona MacDonald
Mascha, seine Tochter
Maya Bothe
Boris Alexejewitsch Trigorin, Schriftsteller
Michael von Au
Jewgenij Sergejewitsch Dorn, Arzt
Toni Slama
Semjon Semjonowitsch Medwedenko, Lehrer
Michael Dangl
Jakow, Arbeiter
Heinz Kamarad
E-Gitarre
Peter Rom
altern. E-Gitarre
Thomas Palme