Premiere: 24.09.2020
Daniel Glattauer
Die Liebe Geld
Uraufführung
ca. 1 Stunde, 25 Minuten, keine Pause
Alfred Henrich braucht Geld für ein Geschenk zum Hochzeitstag und erlebt ein Trauma: Der Geldautomat verwehrt ihm seit Tagen den Zugriff auf sein Konto. Die Betreuerin versichert ihm, dass es seinen Ersparnissen gut gehe, dass sie aber gerade auf "Geschäftsreise" seien. Und der smarte Bankdirektor will über alles reden, nur nicht über Finanzen. Lieber präsentiert er dem verzweifelten Kunden die Bank der Zukunft, die das Menschliche in den Vordergrund stellt. – Was vor allem bei Ulli, Alfreds Ehefrau, überraschend gut ankommt...
"Uns beschäftigen unentwegt die Preise, wir jammern über Kosten, stürzen uns in Unkosten, trauern dem verkümmerten Sparzins nach, stöhnen unter Mieten, leiden unter Schuldenlasten und wüten ob immer neuer Finanzskandale. Was uns dabei so gar nicht mehr zu interessieren scheint: das Geld selbst, die bare Münze und der feine Schein. Geld verschwindet von der Bildfläche – und von den Verkaufsflächen sowieso. Wir ersticken in einem Meer von Kredit- und Kundenkarten, der Handel versorgt uns zur Fütterung der niemals satten Wirtschaft mit immer neuen Automaten. Geld stiehlt sich indes davon. Und Geld soll uns schön langsam gestohlen bleiben.
Wo es sich befindet? – Auf der Bank. Wahrscheinlich. Zumindest wurde es dort zuletzt gesehen."
Daniel Glattauer
Wenn es einen Spezialisten für sogenannte Well-Made Plays in positivster Hinsicht gibt, dann ist das wohl Daniel Glattauer. Und wie die Vorgänger dürfte auch diese herrlich-komische, dabei bitterböse Bankengroteske ein absoluter Hit werden.
Ein wunderbar irrwitziger, grotesker Spießrutenlauf eines „kleinen Mannes“ im Kampf um sein Geld und seine Rechte, den Regisseur Folke Braband im schicken Glas-und Neon-Bühnenbild (Video-Projektionen inklusive) von Stephan Dietrich sehr flott und sicher inszeniert hat. Da sitzen die Pointen, da stimmen Tempo und Timing, da ist auch dank der geschliffenen Dialoge Gelächter stets garantiert.
Umso mehr, da die Josefstadt exzellente Darsteller zur Verfügung hat. Hinreißend etwa, wie Roman Schmelzer seinen Henrich als Biedermann am Rande des Nervenzusammenbruchs gibt, der durch einen kafkaesken Albtraum zu irren scheint. Großartig auch Michael Dangl als schwuler Bankdirektor Cerny, der nicht über Geld, sondern lieber über die schönen Künste sprechen und sein lyrisches Talent ausleben möchte. Allein das zwischen Aufbegehren und Unterwerfung changierende Duell dieser beiden ist zum Brüllen komisch.
Dazu kommen noch Martina Stilp als freundlich lächelnde, eiskalte Bankberaterin sowie Silvia Meisterle als Henrichs naive, aber umwerfend witzige Ehefrau Ulli. Dieses Quartett agiert so spielfreudig, dass es ein großes Vergnügen ist.
(KURIER)
Es ist ein absurdes kleines Gedankenexperiment, das Daniel Glattauer in seinem neuen Stück "Die Liebe Geld" durchführt. Mit Roman Schmelzer als beherzt in kafkaeske Ausweglosigkeit Taumelden kann man sich gut identifizieren. Martina Stilp spielt ein Mischwesen aus Finanzberater und Kontenroboter pointensicher, Michael Dangl ist quasi die menschgewordene joviale Bankwerbung und Silvia Meisterle bringt als Gattin Ulli noch extra Naivität mit einem Schuss Aggressivität ins Finale. Glattauer ist ein unterhaltsames Stück gelungen, das die Fallnetze der Finanzwelt elegant aufgreift, ohne zu technisch zu werden - es bleibt Platz für eine Poesie des Irrwitzes.
(Wiener Zeitung)
Der Antiheld könnte Glattauers Alter Ego sein: ein schüchterner Sparer, den Roman Schmelzer mit sicherem Strich zeichnet – rührend in seiner Hilflosigkeit, drollig in seinem Zorn. Eine Wucht ist Michael Dangl als Bankdirektor: Wie sich da geschniegelte Schleimigkeit fast ins Dämonische auswächst, trägt den Abend.
(Die Presse)
Daniel Glattauer versteht sein Metier, und so wird auch "Die Liebe Geld" ohne Zweifel seinen Weg machen - als genau jener zeitgenössische Boulevard, den Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger für die Kammerspiele immer im Auge hatte.
Glattauer hat alles an unseren Erfahrungen und Befürchtungen im Umgang mit den Banken zu einer Geschichte verdichtet, die nur in ihrer Zuspitzung absurd wirkt. Folke Braband sorgt für reibungslosen Ablauf der pointierten Dialoge. Roman Schmelzer zeichnet Herrn Henrich erfolgreich als wahren Max Mustermann, zerrissen zwischen Aufbegehren und Unterwürfigkeit, Martina Stilp und Michael Dangl spielen lustvoll überzeichnete Arroganzler und Silvia Meisterle sorgt mit ihrem späten Auftritt als naive Frau Henrich für ein paar komödiantische Glanzlichter, ehe es im Finale doch noch zu einem überraschenden Geldregen kommt.
(APA)
Regie
Folke Braband
Bühnenbild und Kostüme
Stephan Dietrich
Video
Philine Hofmann
Dramaturgie
Silke Ofner
Lichtdesign
Sebastian Schubert
Alfred Henrich
Roman Schmelzer
Mag. Drobesch
Martina Stilp
Dr. Cerny
Michael Dangl
Ulli Henrich
Silvia Meisterle