Premiere: 26.01.2023
Bertolt Brecht
Die Kleinbürgerhochzeit
ca. 1 Stunde, 25 Minuten, keine Pause
Auf das Lumpenzeug in den Läden kann man sich ja nicht verlassen.
Der Bräutigam
In diesem Frühwerk schildert Bertolt Brecht auf vergnügliche Weise, wie eine Hochzeitsfeier völlig außer Kontrolle gerät - und gibt sich als Bewunderer Karl Valentins zu erkennen.
Eine kleine Festgesellschaft zwängt sich an der engen Tafel zusammen auf Stühlen, die der Bräutigam selbst gezimmert hat. Der Brautvater nervt, die Braut ist schwanger, der Bräutigam eifersüchtig und die Verwandtschaft eine Zumutung. Man trinkt reichlich, redet unbeirrt aneinander vorbei und fällt schließlich im Streit übereinander her. Der schönste Tag im Leben des Brautpaares? Die Animositäten schießen über, das Mobiliar geht vor die Hunde, der Ruf ist ramponiert. Der Beginn einer Ehe, wie niemand ihn sich wünschen kann.
Von Brecht im Alter von 21 Jahren geschrieben, ist dieser Einakter eine böse, hoch unterhaltsame Komödie voll klugem Wortwitz. Im Stil der Komik aus der Frühzeit des Films wird die scheinbare Idylle des Kleinbürgertums zur Schau gestellt. Die Hochzeit wird zur Farce, bei der nicht nur das Mobiliar, sondern auch die heile Welt des Spießbürgertums zerstört wird.
Lachen oder nicht lachen, das ist die Frage bei den meisten Komödien, die heute über Wiener Bühnen stolpern. Im Fall der "Kleinbürgerhochzeit" in den Kammerspielen der Josefstadt stellt sich die Frage anders, nämlich: Wie laut darf gelacht werden? Die "Kleinbürgerhochzeit" ist Brecht und auf ihre Weise ein Geniestreich. Und so spielt ihn Tiedemann im grandios zerfallenden Bühnenbild Alexander Martynows, fallweise begleitet von Richard Wagners "Lohengrin"-Hochzeitsmarsch, den Henrik Kairies angeschrägt hat, als pure, brillant überdrehte Komödie: André Pohl als Vater der Braut mit vertrockneter Würde, Susanne Wiegand als Schwester der Braut mit einer fulminanten Parodie einer TV-Serien-Ulknudel, Therese Lohner als immer beflissene Mutter des Bräutigams, Michaela Klamminger als die Männer allzu anziehende Schwester der Braut, Roman Schmelzer als ihr steifer Mann, Markus Kofler als flirtfreudiger Freund des Bräutigams und Jakob Elsenwenger als der junge Mann, dessen Gipsarm der Wand die ersten Blessuren beibringt; Katharina Klar und Alexander Absenger als Brautpaar sind hilflose Gefangene dieses Irrsinns. Ovationen am Schluss, Glücksgefühle auf dem Nachhauseweg. Brechts Theater sollte eine Bühne der Erkenntnis sein. Manchmal aber ist die allerbeste Erkenntnis eines Theaterabends das Lachen.
(Wiener Zeitung)
Eine kluge Komödie, inszeniert als furiose Zerstörung. Bühnenbildner Alexander Martynow hat alles Mobiliar so berechnend aus dünnem Holz gebaut, dass es zielstrebig kaputtgeht, aber nicht zu rasch. Das muss so sein. Wenn die Welt auf einmal einstürzt, nennt man das Katastrophe, wenn sie‘s allmählich tut, Komödie. Regisseur Philip Tiedemann verdankt es, dass der Rhythmus stimmt. Die Schauspieler spielen Archetypen und Personen zugleich, das ist die große Kunst der Komödie. André Pohl spielt den Patriarchen als treuherzigen, schrulligen Alten. Markus Kofler als Freund des Bräutigams ein draufgängerischer Schlurf, zugleich ein Bub, der einfach nur Spaß haben will. Alexander Absenger als Bräutigam hingegen ist die würdige Feier wirklich ein Herzensanliegen. Zentrale Figur ist natürlich Katharina Klar als Braut: Wie sie ihre Miene in einer Nanosekunde von Beleidigtsein auf herziges Lächeln umschalten kann, nur zum Beispiel, ist umwerfend. Zuckerlrosa und sanft hysterisch: Michaela Klamminger.
(Die Presse)
Ein tolles Ensemble in einer bunten, grellen Sketchparade. Als pointenlose Geschichten erzählender Brautvater brilliert André Pohl in jeder Szene, Therese Lohner, Susanna Wiegand, Michaela Klamminger wie auch Markus Kofler, Roman Schmelzer und Jakob Elsenwenger bringen ihre Stereotypen mit sichtbarer Lust am Blödeln gut über die Rampe. Katharina Klar gibt alles als Braut am Rande des Nervenzusammenbruchs.
(KURIER)
André Pohl, Therese Lohner, Katharina Klar, Susanna Wiegand, Alexander Absenger, Markus Kofler, Michaela Klamminger, Roman Schmelzer und Jakob Elsenwenger zeigen blendendes Slapstick-Handwerk.
(Kronen Zeitung)
Im Laufe des Abends wird das Mobiliar nicht nur aus dem Leim, sondern auch in die Brüche gehen. Die kunstvolle Choreographie des Zusammenbruches verdient Anerkennung und wurde bei der Premiere mit einigen Lachern quittiert.
Klar und Absenger stehen im Zentrum des selbst gezimmerten Aufbruchs, der zum Untergang wird. Aus der Tischgesellschaft stechen André Pohl als schwatzsüchtiger Vater der Braut, Markus Kofler als mit praller Lebenslust provozierender Freund des Bräutigams und Roman Schmelzer und Michaela Klamminger als Paar heraus, das zeigt, in welche Sackgasse die Ehe führen kann.
(APA)
Ein sicherer Klamauk-Erfolg. Lustig und harmlos.
(Der Falter)
Regie
Philip Tiedemann
Bühnenbild und Kostüme
Alexander Martynow
Musik
Henrik Kairies
Dramaturgie
Leonie Seibold
Licht
Sebastian Schubert
Der Vater der Braut
André Pohl
Die Mutter des Bräutigams
Therese Lohner
Die Braut
Katharina Klar
Die Schwester der Braut
Susanna Wiegand
Der Bräutigam
Alexander Absenger
Der Freund des Bräutigams
Markus Kofler
Die Freundin der Braut
Paula Nocker
Der Mann der Freundin
Roman Schmelzer
Der junge Mann
Jakob Elsenwenger