Stück auswählen:
Theater in der Josefstadt
Premiere: 02.09.2017

Ernst Lothar

Der Engel mit der Posaune

Uraufführung

ca. 2 Stunden, 55 Minuten (Pause nach ca. 90 Minuten)

Bühnenfassung von Susanne F. Wolf

Ich glaub dran, dass man Menschen
bilden und bessern kann –
ohne Zwang und Unterwerfung.
Ich wünsche mir eine grundsätzlich
freiere Welt und bin doch
selbst komplett gefangen und
weiß eigentlich nicht recht, wozu
ich wirklich existier.

Hans Alt

Das Beeindruckendste an diesem Roman ist etwas, das auf den ersten Blick eigentlich vollkommen banal ist: dass man die schwersten Brüche der österreichischen Geschichte innerhalb eines einzigen Lebens erzählen kann. Die junge Henriette liebt noch den Kronprinzen und wird als alte Frau von den Nazis umgebracht. Das ist verblüffend und macht dem Leser auf andere Weise klar: Der Zusammenbruch des habsburgischen Weltreichs, der Kollaps der Ersten Republik durch Bürgerkrieg und der "Anschluss" an Nazideutschland ereigneten sich innerhalb von so kurzer Zeit, nämlich von nur zwanzig Jahren, dass sie sich für die folgenden Generationen – also uns – zu einer einzigen unentwirrbaren Katastrophe zusammengeklumpt haben. Vom Kaiser wie von den Nazis fühlen wir uns heute durch tiefe, schützende Gräben getrennt, dabei folgte für Zeitgenossen auch damals, wie immer in der Geschichte, nur ein Tag unerbittlich auf den anderen.
Eva Menasse, 2016

Die Wiener Klavierbauerdynastie Alt steht im Mittelpunkt von Ernst Lothars epochalem Roman: Nach ihrer Vernunftheirat mit Franz Alt sieht sich Henriette in einem Korsett aus Zwängen und Tradition gefangen. Ihre Versuche der Rebellion scheitern, und so ist es ihr ältester Sohn Hans, auf den sie alle Hoffnungen setzt. Er soll jenes selbstbestimmte Leben führen, das ihr versagt geblieben ist. Doch auch er ist ein Gefangener der Konvention, ein unglücklicher Firmenerbe, der erst durch zahllose Schicksalsschläge und den erzwungenen Umbruch der Gesellschaft zu seiner Bestimmung findet.

Als Schriftsteller, Regisseur und Theaterdirektor machte sich der 1890 in Brünn geborene Ernst Lothar am Beginn des 20. Jahrhunderts einen Namen. 1935 übernahm er zusammen mit Max Reinhardt die künstlerische Leitung des Theaters in der Josefstadt, wurde aber 1938 zur Emigration gezwungen. Im amerikanischen Exil schrieb er mehrere erfolgreiche Romane, darunter Der Engel mit der Posaune, der 1944 erstmals in englischer Sprache veröffentlicht wurde. 1948 folgte die berühmte Verfilmung des Stoffes mit Paula Wessely, Attila Hörbiger, Hans Holt, Erni Mangold u.v.a.

Das in der Aufführung verwendete, historische Tondokument wurde von der Österreichischen Mediathek zur Verfügung gestellt.

Köstlinger und Dangl spielen ausgezeichnet, die Szene, in der beide am Ende einander verzeihen, dass sie einander die Ehe angetan haben, ist faszinierend gut. Großartig sind auch die Darsteller der jungen Generation: Alexander Absenger, Silvia Meisterle und Matthias Franz Stein. Großartig sind auch André Pohl, Marianne Nentwich und Alma Hasun. Die Inszenierung hat Schwung und ist nie langweilig.(KURIER)

Susanne F. Wolf dramatisiert mit Gespür, Janusz Kica sorgte für punktgenaues Service und Spannung. Das Ensemble ist konzentriert und gut, die Aufführung dicht. Ein feiner Saisonauftakt.
(Die Presse)

Gespielt wird exzellent. Maria Köstlinger und Michael Dangl beeindrucken an der Spitze eines Ensembles, aus dem Alexander Absenger, Matthias Franz Stein, André Pohl und Alma Hasun hervorragen. Eindrucksvoll!
(Kronen Zeitung)

Das Theater in der Josefstadt hat die neue Saison mit der Dramatisierung von Lothars Roman durch Susanne F. Wolf eröffnet, aus der Janusz Kica eine kluge und gute Inszenierung gefertigt hat.  Maria Köstlinger und Michael Dangl beeindrucken als unglückliches, starkes Ehepaar. Alma Hasun und Alexander Absenger gefallen als Protagonisten der nächsten Generation. André Pohl ist ein wunderbar strenger Onkel.
(Österreich)

Susanne F. Wolf hat aus dem dickleibigen Buch eine erstaunlich beschwingte Szenenfolge herausgefiltert. Drei Generationen von Alts huschen wie Gespenster vorüber. Kaum droht eine Gestalt zum Klischee zu erstarren, zerfällt sie schon wieder zu Innenstadtstaub.
(Der Standard)

Das Ensemble stemmt die Inszenierung, die sich selten Zeit für Spannungsaufbau und Figurenentwicklung nimmt, bravourös. Die stickige Luft der letzten Jahre der Monarchie, der Geist der Erneuerung, gepaart mit Konfusion über neue Verhältnisse - all das bringen Köstlinger, Dangl und Co. auf den Punkt.
(APA)

Regisseur Janusz Kica hat ein emotionales Kammerspiel mit brillanten Figuren erschaffen.
(Heute)

Das Theater in der Josefstadt eröffnete die Theatersaison 2017/18 mit einer außerordentlich großartigen Produktion, der Uraufführung von Ernst Lothars „Der Engel mit der Posaune“. Für die Josefstadt hat Susanne F. Wolf das 900 Seiten starke Werk dramatisiert. Eine feine, feinsinnige Arbeit, hat sie doch mit ruhiger Hand die Quintessenz der Familiensaga destilliert. Entstanden ist so ein sehr klarer, schlüssiger Text, dem es an nichts, heißt: keinem wichtigen Handlungsstrang, fehlt. Im Gegenteil: Wolf wertet das Ganze durch den ihr eigenen subtilen, mitunter sarkastischen Humor auf, ja, das Publikum darf inmitten all der Tragödien immer wieder über gelungene Bonmots und sprachliche Querschläger in den Dialogen lachen.
Schlag auf Schlag geht da alles, Szenen greifen ineinander, überlappen teilweise, laufen teilweise parallel ab.
Kica beherrscht die große Kunst, die Schauspieler ihre Rollen entwickeln zu lassen, schließlich wird hier ganz schön gealtert; er macht aus den Figuren fein ziselierte Charaktere, die mit einer großen Wahrhaftigkeit "über die Rampe kommen", und die zeigen, was die Zeit mit Menschen macht.
Jede Rolle in dieser Produktion ist großartig besetzt.
Als Ehepaar Franz und Henriette Alt brillieren Michael Dangl und Maria Köstlinger. Sie sind einander im Eheunglück verbunden. Marianne Nentwich gibt eine Glanzvorstellung als herrischer, so scharfzüngiger wie scharfsinniger Familiendragoner Tante Sophie.
All das untermalt die atmosphärisch gewaltige Musik von Kyrre Kvam, die den Szenen die richtige Temperatur gibt.
(Mottingers Meinung)

Kica spannt gekonnt den großen Bogen über Susanne F. Wolfs Dramatisierung. Gespielt wird hervorragend. Maria Köstlinger und Michael Dangl zeigen atemberaubend ein Paar, das erst im Alter, nachdem er als Heimkehrer aus dem Ersten Weltkrieg einen Schlaganfall erleidet und die Fähigkeit zu sprechen verliert (grandios: Michael Dangl) zueinander findet. André Pohl ist eine Säule des Abends als nüchterner Onkel. Marianne Nentwich gibt die alte Tante hart und schlicht. Matthias Franz Stein macht die Figur des jungen Hermann, der zum Nazi wird, nachvollziehbar ohne plakativ zu sein. Alexander Absenger zeigte eine grandiose Studie des jungen Erben, der um seine Identität ringt. Silvia Meisterle und Alma Hasun bringen Licht in den dunklen Abend. Xaver Hutter generiert in kurzen Auftritten als Kronprinz und Traun faszinierende Momente. Michael Schönborn komplettiert ideal in mehreren Rollen. Tolles Schauspielertheater.
(NEWS)

Regisseur Janusz Kica löst die Handlung in Kurzsequenzen logistisch virtuos auf, wie in improvisierten Filmsets. Schon das Eröffnungsbild ist eine Wucht.
(Wiener Zeitung)

Regie
Janusz Kica

Bühnenbild und Kostüme
Karin Fritz

Musik
Kyrre Kvam

Dramaturgie
Matthias Asboth

Licht
Emmerich Steigberger

Kronprinz Rudolf/Graf Traun/Kabinettsdirektor

Franz Alt
Michael Dangl

Otto Eberhard Alt
André Pohl

Sophie Alt
Marianne Nentwich
Elfriede Schüsseleder (ab 11.03.2018)

Henriette Alt
Maria Köstlinger

Hans Alt
Alexander Absenger

Hermann Alt
Matthias Franz Stein

Martha Monica Alt
Silvia Meisterle

Selma Rosner
Alma Hasun

Mizzi Hübner
Alexandra Krismer

Kronprinz Rudolf/Graf Traun
Xaver Hutter

Kabinettsdirektor/Schulprofessor Miklau
Michael Schönborn

Chefredakteur Jonescu/SS-Sturmbannführer Esk
Gerhard Kasal

Czerny
Wojo van Brouwer

Johann Simmerl
Johannes Seilern

Der junge Hans Alt
Johannes Brandweiner / David Mannhart

Blaas
Valentin Winkler