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Kammerspiele der Josefstadt
Premiere: 14.01.2016

Nicolas Barreau

Das Lächeln der Frauen

Österreichische Erstaufführung

ca. 1 Stunde, 40 Minuten, keine Pause

Aurélie Bredin, Besitzerin des Lokals Aux Temps des Cerises und "une fille de Paris" bis in die brünetten Haarspitzen, liest einen Roman mit dem Titel Das Lächeln der Frauen und kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Rätselhafterweise scheint es eine Verbindung zwischen ihrem eigenen Leben und der Geschichte zu geben: Ihr Restaurant kommt darin vor und die Beschreibung der Hauptfigur trifft bis ins Detail auf Aurélie zu. Selbst ihr grünes Lieblingskleid findet darin Würdigung! Um das Rätsel zu lösen, beschließt sie, den Autor zu einem Abendessen in das Aux Temps des Cerises einzuladen. Dieser heißt Robert Miller, ist wahnsinnig erfolgreich, dem Umschlagsfoto nach zu urteilen extrem gut aussehend und lebt, da er von seiner einzigen Liebe verlassen wurde, zurückgezogen und mit gebrochenem Herzen in einem englischen Cottage. Doch an diesen Miller ist kein Rankommen. Aurélie trifft im Verlag nur auf dessen Lektor André Chabanais. Dieser ist weder erfolgreich noch extrem gut aussehend, es umweht ihn auch nicht die bittersüße Aura eines gebrochenen Herzens; vielmehr ist er ein arroganter Verlagsheini, der zwischen ihr und einem romantischen "Dîner" mit Robert Miller steht.

Ruth Brauer-Kvam und Alexander Pschill begeistern.
Es war höchste Zeit, dass für das Theater-Traumpaar Ruth Brauer-Kvam und Alexander Pschill ein neues Stück gefunden wurde. Als Emmi und Leo, die einander durch einen Zufall beim Mailaustausch kennen lernen, haben die beiden in Daniel Glattauers Bestsellern "Gut gegen Nordwind" und "Alle sieben Wellen" das Publikum in Scharen in die Kammerspiele gelockt - und nebenbei manchem Technikverächter die Segnungen des Internets nahegebracht.
"Das Lächeln der Frauen" von Nicolas Barreau, auch ein Bestseller und ein viel gelobter Film, beschert nun eine Art Fortsetzung für Brauer-Kvam und Pschill. Die Meisterköchin eines kleinen Pariser Restaurants, die sich besonders auf die Zubereitung von "Menu d'amour" versteht, einer übrigens ziemlich üppigen Speisefolge, findet in einem Roman sich selbst abgebildet.
"Wie ist das möglich?", so fragt sich die Dame und begibt sich auf die Suche nach dem Autor, Robert Miller, der angeblich zurückgezogen in einem Cottage in England lebt. Bei ihrer Fahndung soll ihr der zerfahrene Lektor des Verlags helfen, in dem das viel gerühmte Buch herausgekommen ist. Doch mit diesem Herrn stimmt etwas nicht.
Die Produktion funktioniert blendend, ein wahrer "Crowd Pleaser", den sich Freunde von Feel-good-Theater nicht entgehen lassen sollten. Der deutsche Videokünstler Moritz Grewenig, der u.a. "Die letzten Zeugen" im Burgtheater visuell begleitete, drehte ein hinreißendes Schwarz-Weiß-Video im Stil der Filme der 1930er- bis 1950er-Jahre.
In der Bühnenwirklichkeit strengt sich Brauer-Kvam in Trenchcoat und mit Zigarette mächtig an, den verehrten Dichter zu erjagen, dieser aber entzieht sich. Stattdessen wird die einsame Köchin immer öfter vom lästigen Lektor belagert: Alexander Pschill zeigt atemberaubende Verwandlungsfähigkeit - als literarischer Trendscout, als Agent, als Verlagschef und als Bestsellerautor.
Ein Drama voll Leichtigkeit und Esprit, eine kluge, abwechslungsreiche Inszenierung, kongeniale Akteure, dies ist ein perfekter Abend in den Kammerspielen.
Die Bühnenkunst untersucht ja häufig lieber die Tragödien des Daseins und der Welt, dagegen ist nichts einzuwenden. Aber nettes Theater, so gut gemacht, ist von Zeit zu Zeit auch einmal sehr schön.
(Die Presse)

Stimmungsvoll-leichtfüßige Liebeskomödie.
Kongenial ergänzen Moritz Grewenigs schwarz-weiße Filmsequenzen mit Slapstickanleihen das Bühnengeschehen. Schnell und pointiert verkomplizieren die Wortwechsel die Situation der Figuren nur immer weiter, anstatt sie aufzulösen. Der Witz ist dabei ein wohlmeinender, die Überzeichnung der Charaktere eine liebevolle. Das erinnert an Daniel Glattauers Geschichten Gut gegen Nordwind und Alle sieben Wellen, in denen Brauer-Kvam und Pschill bereits als Paar zu sehen waren. Stimmungsvoll und leichtfüßig treffen die beiden beim Publikum Herz- und Lachmuskeln einmal mehr.
(Der Standard)

Perfekt harmonierendes Paar mit viel Charme und Eleganz.
(KURIER)

Ach, und wenn sie nicht gestorben sind. Das ist was fürs Herz. Noch dazu unterlegt mit Musik aus einem Liebesfilm. In dem ebenfalls ein Mann aus Liebe vorgibt, ein anderer Mann zu sein. Halt ein britischer Lord X statt des britischen Autors Robert Miller. Aber egal. Zum Zer-flie-ßen schön war's. Die Kammerspiele brachten Nicolas Barreaus Bestseller "Das Lächeln der Frauen" auf die Bühne. Und zwar sehr französisch und très charmant: Ruth Brauer-Kvam und Alexander Pschill sind vraiment supersympa. Und wenn der Theatermitgeher danach meinte, er habe jeden Moment auf den Auftritt der "Ratatouille"-Ratte gewartet, dann ist auch das als Kompliment gedacht. Ganze Kerle, Sie verstehen, und ihr Art, überwältigende Gefühle in...naja...eben zu kleiden.
Das Traumpaar der Kammerspiele-Liebeskomödie schlüpft diesmal in die Rollen von Aurélie Bredin und André Chabanais. Die Bistrobesitzerin hat einen Liebesroman gekauft - und findet sich und ihr Restaurant in diesem bis ins Detail porträtiert. Naturellement will sie den sensiblen Schriftsteller, laut Klappentext ein englischer Einsiedler, kennenlernen, doch sie scheitert am bärbeißigen Pariser Lektor. Denn der ist...na?...na?...genau! Und der Brillenträger auf dem Bild ein Zahnarzt aus der britischen Pampa, der Bruder des Literaturagenten, der überhaupt die Idee zu dem ganzen Schwindel hatte, weil der Lektor unter vorgesetztem Erfolgsdruck stand. Dieser, le Big Boss, will seinen Erfolgsautor nun aber an der Seine sehen. Für Interviews und Lesungen. Für André eine Katastrophe, für Aurélie die Chance. Die Verwicklungen werden immer verwickelter, vor allem, da André längst sein Herz an Aurélie verloren hat. Doch die schwärmt nur für ihren nichtexistenten Dichter. Also muss der in einen Kotzbrocken verwandelt werden.
Regisseur Fabian Alder hat tief in die Trickkiste der Screwball Comedies gegriffen. Mit feinem Witz und einem Händchen für die richtige Dosis Slapstick legt er diesen Parcours d'amour aus. Auf einer riesigen Leinwand laufen Schwarzweißfilme (Video: Moritz Grewenig), dahinter Schattenspiele. Pschill und Brauer-Kvam als verrückter Flic und vornehme Dame auf der Flucht, ein sinistrer Bouquinist gewährt Unterschlupf, die Dame enttarnt sich durch Trenchcoat tragen als Spionin. Und dann, nach einer köstlichen Film-noir-Verhörszene, das Happy End beim Blutorangenparfait. Mit Pschill als Bogey-Persiflage samt dessen Ich-bring'-beim-Reden-die-Zähne-nicht-auseinander-Attitüde. Ach, seufzte ich das schon?, we'll always have Paris. Sehr schön übrigens, wie in diesen Zuspielern Wien die Stadt der Liebe spielt. Alder zeigt die Täuschung offen, der Zuschauer ist Teil der Illusion, wenn falsche Bärte geklebt und Sakkos in Windeseile gewendet werden. André macht das Publikum nämlich zu seinem Verbündeten in Liebesfragen. Dabei hilft, dass die Bühnenfassung von Gunnar Dreßler die Erzählprosa über Strecken beibehalten hat, die Protagonisten kommentieren so das Geschehen. Die Filmdialoge sind dem Madcap-Flair angepasst und konterkarieren den sanften Zynismus auf dem Theater.
Was auf der Bühne passiert, ist aber nicht weniger hinreißend, als das Leinwandgeschehen. Pschill brilliert als André, ein geschmeidiger Bluffer und ziemlich unverschämt, also genau der Typus, mit dem's Richtung Traualtar geht. Großartig, wie er die Marotten seines griesgrämigen Verlegerchefs, seines leichtsinnigen Agentenfreundes - und auch die Schrullen des Zahnarztes verkörpert. Der taucht tatsächlich auf und läuft zu Hochform auf. Pschill hat sich ein halbes Dutzend Stimmen und Mimiken zugelegt und darf mit dieser Performance auch als Erfinder der Solo-Doppelconference gelten. Er gestaltet mit seinem Spiel eine liebenswerte Hommage an den großen Nestor-Patou-Darsteller. Brauer-Kvam ist das Entlein, in dem der Schwan schlummert. Zielstrebig und unbeirrt flattert ihr Finger-Herz wie ein Vögelchen vor Vorfreude auf. Brauer-Kvam beweist sich als Akkordeonistin und tanzt verliebt mit dem Besen. Die fabelhafte Welt der Aurélie ist bei ihr in besten Händen. Aurélie glaubt André alles, außer der Wahrheit. Und so muss dieser einen letzten Schachzug wagen, damit bis zum Abspann alles gut ist.
Alders Inszenierung hat alles, was eine "Pariser Bekanntschaft" braucht: respektlosen Humor, einen schnellen Rhythmus, witzige Dialoge, exzentrische Charaktere und einen battle of sexes, in dem keinem etwas geschenkt wird. Das Publikum bedankt sich sehr herzlich für den vergnüglichen Abend. "Lassen Sie sich zum Valentinstag keine Blumen schenken, sondern "Das Lächeln der Frauen", schrieb eine entzückte Rezensentin als 2010 Barreaus Buch erschien. In eineinhalb Wochen ist es wieder soweit. Nur diesmal dürfen's statt Lektüre gerne Karten für die Kammerspiele sein.
(Mottingers Meinung)

Regie
Fabian Alder

Bühnenbild und Kostüme
Nikolaus Frinke

Video
Moritz Grewenig

Dramaturgie
Silke Ofner

Licht
Franz Henmüller

Aurélie Bredin
Ruth Brauer-Kvam

André Chabanais
Alexander Pschill