Premiere: 16.09.2010
Joe Masteroff
Cabaret
ca. 2 Stunden, 30 Minuten, eine Pause
Nach dem Schauspiel "Ich bin eine Kamera" von John van Druten und Erzählungen von Christopher Isherwood
Das Berlin der 20er lässt sich nicht unterkriegen. Je schwerer die Zeiten, desto wilder das Verlangen nach Unterhaltung und Zerstreuung. Man will nicht wahrhaben, dass es eigentlich nichts zu lachen gibt, und man will sich ablenken lassen. Das Stichwort heißt Revue und das Rezept ist einfach: Ausstattung, Stars und Girls, Girls, Girls.
Der junge, amerikanische Schriftsteller Clifford Bradshaw reist nach Berlin, um dort einen Roman zu schreiben. Durch eine Zugbekanntschaft, dem Deutschen Ernst Ludwig, kommt er in der Pension des Fräulein Schneider unter. Gleich am ersten Abend, Silvester 1929, lernt er die außergewöhnliche Sally Bowles kennen, die im Kit-Kat-Club als Sängerin arbeitet und allabendlich von einem zwielichtigen Conférencier angekündigt wird. Während Cliff und Sally sich immer näher kommen, verdunkelt sich durch die immer mächtiger werdenden Nationalsozialisten die Atmosphäre in Berlin… und im Freundeskreis von Sally und Cliff.
Cabaret war bereits bei seiner Uraufführung 1966 in New York (produziert und inszeniert von Harold Prince) ein sensationeller Erfolg und gewann neun Tony Awards, darunter für das beste Musical, den besten Komponisten und Songschreiber. In Bob Fosses Verfilmung von 1972 faszinierten Liza Minnelli, Michael York, Joel Grey und Helmut Griem. Der Film erhielt acht Oscars.
Eisermann ("Kaspar Hauser", "Schlafes Bruder") ist in der gelungenen Inszenierung von Werner Sobotka, an der auch Choreograph Ramesh Nair keinen geringen Anteil hat, eine Idealbesetzung. Er singt ausgezeichnet (man setzt auf elektronische Verstärkung) und trifft auch sonst den richtigen Tonfall zwischen vulgär und charmant (...). Kurt Sobotka ist zum Niederknien. (...) Nach zweieinhalb Stunden viel Freude, Jubel und Applaus.
(APA)
Ruth Brauer-Kvam als fabelhaft singende (toll die kleine Band unter der Leitung von Christian Frank) und exzellent spielende Sally. (…) Ausgezeichnet auch Caroline Frank als promiskuitives Fräulein Kost.
(Kurier)
Als dieser Conferencier ist André Eisermann schriller, greller und angsterregender, als man ihn je erlebt hat, er ist wie ein Teufel, der den Zuschauer der Kammerspiele bei der Hand nimmt und geradewegs in die Hölle führt.
Das Wunder des Abends heißt allerdings Ruth Brauer-Kvam, die in der Figur der Sally wohl die Rolle ihres Lebens gefunden hat. Dass ein so zartes Geschöpf über eine solche "Röhre", eine so große, stilsichere, best geführte Stimme verfügt, ist schon sensationell, aber wie sie Sallys hektische Glückssuche und fatalen Untergangswillen spielt, das muss jeden fühlenden Zuschauer tief berühren. Sie hat in dem sympathischen Martin Hemmer als Schriftsteller Cliff einen Partner, der sich nie in den Vordergrund spielt und doch immer da ist. Der heikelste Teil der Handlung dreht sich um Fräulein Schneider und Herrn Schultz, das alte Paar, das sich in später Zuneigung finden möchte. Kurt Sobotka ist in seiner zarten Galanterie rührend, aber wie Lotte Ledl die Frau spielt, die aus Angst vor den Nazis auf die Ehe mit dem Juden verzichtet, das sagt viel über Alltagsmenschen aus, die nicht mutig und nicht heroisch waren, sondern nur in Zeiten, wo sich die politische Fahne ununterbrochen drehte und wendete, immer bloß überleben wollten. Eine große Leistung. Aber auch Caroline Frank als die vollmundige Berliner Nutte und Ferdinand Stahl als der Nazi, der eigentlich ganz "normal" wirkt, bis er die Maske fallen lässt, sind echte Figuren, die leben und nicht Musical tanzen.
(Merker)
Amra Bergman-Buchbinder barg "Cabaret" in einer bizarr-intimen Kelleroptik. Die mit den übertechnisierten Musicalhallen leicht konkurrieren kann. (…) Brauer stützt ihre geschmeidige Figur mit fester Stimme und dem Charme ihres oft weltverlorenen Gesichts. Ein Schritt weiter zum veritablen Star. (…) Szenenapplaus nach jedem Lied, Lobeslärm am Ende für alle.
(Wiener Zeitung)
In flottem Tempo herrscht (…) von der ersten Musiknummer an eine mitreißende Stimmung, die das fantastische Ensemble über gute zweieinhalb Stunden aufrecht hält.
(Standard)
Ruth Bauer- Kvam (Sally Bowles) und André Eisermann sind fabelhaft. Sie singt und agiert großartig, naiv ängstlich mit beklemmenden Witz. Eisermann zeigt einen lasziven, dämonischen Conférencier.
(News)
Das Stück, dessen politische Haltung von zeitlosem Interesse ist, mit ein paar brillanten Musiknummern (…) hat auch in den Kammerspielen aufs Neue begeistert. Werner Sobotka führt glänzend Regie, das gelungene Bühnenbild von Amra Bergman-Buchbinder postiert die Musiker ganz oben auf einem hohen Kasten. (…) Der Inder Ramesh Nair ist für die beeindruckende Choreografie verantwortlich. (…) Das Publikum was betroffen und applaudierte berührt.
(Kronen Zeitung)
Ruth Brauer-Kvam begeistert mit gloriosem Gesang und einer ungemein feinfühligen Rollengestaltung.
(Österreich)
"Cabaret" schadensfrei auf die kleine Bühne der Wiener Kammerspiele inklusive eines verkleinerten Orchesters zu bringen, ist schon eine besondere Leistung an sich, aber was Bearbeiter und Regisseur Werner Sobotka da geleistet hat, kann man rundweg als recht feine Arbeit bezeichnen. (…) Alles in allem (…) eine gelungene Aufführung auch für Theatergänger, die nicht unbedingt zu den Hardcore-Fans des Musicalgenres zählen. Lauter Applaus und Jubel des Premierenpublikums.
(OÖ Nachrichten)
Regie
Werner Sobotka
Bühnenbild
Amra Bergman-Buchbinder
Kostüme
Elisabeth Gressel
Musikalische Arrangements
Christian Frank
Choreographie
Ramesh Nair
Dramaturgie
Silke Ofner
Licht
Emmerich Steigberger
Regieassistenz
Stephan Pfister
Ton
Reinhard Köberl
Ton
Karl Szalay
Ton
Jakob Schell
Ton
Dieter Fassl
Conférencier
André Eisermann
Sally Bowles
Ruth Brauer-Kvam
Clifford Bradshaw
Martin Hemmer
Fräulein Schneider
Lotte Ledl
Herr Schultz
Kurt Sobotka
Ernst Ludwig
Ferdinand Stahl
Fräulein Kost/Rosi
Caroline Frank
Helga
Simone Niederer
/ Helena Scheuba
Betti
Miriam Mayr
Inge
Maja Pihler
Bobby/Taxifahrer/Matrose
Stefan Konrad
Viktor/Gorilla/Matrose
Ronnie Veró Wagner
Hermann/Zollbeamter/Max/Matrose
Michael Clauder
Hitlerjunge
Fabio Felsberger
/ Lukas Kuhn
Musikalische Leitung, Klavier
Christian Frank
Trompete
Bastian Stein
altern. Trompete
Martin Eberle
Saxofon, Klarinette, Querflöte
Ilse Riedler
altern. Saxofon, Klarinette, Querflöte
Viola Falb
Kontrabaß
Andy Mayerl
altern. Kontrabaß
Gina Schwarz
Schlagzeug
Klaus Pérez-Salado
altern. Schlagzeug
Catharina Priemer