Premiere: 04.09.2025
Jean-Paul Sartre
Die schmutzigen Hände
ca. 2 Stunden, 30 Minuten (Pause nach ca. 85 Minuten)
Deutsch von Hinrich Schmidt-Henkel
Bildest du dir ein, man könnte unschuldig regieren?
Gebrandmarkt durch seine bürgerliche Herkunft bleibt der junge Hugo ein kleines Rädchen in seiner Partei. Doch es herrscht Krieg, und Hugo ist bereit, für seine Ideale zu kämpfen – und zu sterben. Als Beweis seiner Entschlossenheit bietet er sogar an, den in Ungnade gefallenen Parteisekretär Hoederer umzubringen. Dieser strebt einen Kompromiss mit den feindlichen Lagern an, um sich nach dem Krieg die Macht zu teilen. Anfänglich zu seinem Auftrag fest entschlossen, wird Hugo von Hoederer immer mehr mit dessen Argumenten überzeugt – der “Verrat an den Idealen der Partei” wandelt sich zum realpolitisch sinnvollsten Weg. Doch dann kommt die Eifersucht mit ins Spiel und die Situation ändert sich für den jungen Intellektuellen nochmals grundlegend.
Mit dem Politthriller Die schmutzigen Hände untersucht Sartre den zeitlosen Konflikt zwischen politischem Idealismus und Pragmatismus. Dabei zeigt er exemplarisch, wie abhängig Ideale und Überzeugungen sowohl von der Tagespolitik als auch von privaten Emotionen sind, und wie kompromissloser Idealismus in Extremismus münden kann.
Atemberaubend wie bewegend gespielt.
Spiel ist lebendig, Ernst kann auch tödlich sein. Diese subtile Aussage verkörpert Johanna Mahaffy als Jessica meisterlich. Und sie singt Chansons, die Regisseur David Bösch, effektvoll zwischen die Szenen setzt. Günter Franzmeier spielt die tief sympathische Abgeklärtheit Hoederers wirksam aus, zeigt aber auch dessen Schwäche. Nils Arztmann ist ein sanfter, weicher, großäugiger Hugo, der seine eigenen Abgründe erst kennenlernt. Nanette Waidmann ist eine derbe, wackere, unbeirrbare Berufsrevolutionärin Olga. Alexander Absenger und Oliver Rosskopf sind als brave Leibwächter Hoederers ein bisschen komisch: Rüpelrollen, wie sie jede Tragödie braucht. Dass Roman Schmelzer sowohl den brutalen Revolutionär Louis im Ledermantel als auch den reaktionären Prinzen im Zweireiher spielt, ist eine hübsche Regiepointe.
Eine mustergültige Inszenierung eines wahren Klassikers des politischen Theaters.
(Die Presse)
Regisseur David Bösch beschäftigt in seiner Inszenierung weniger die Frage nach der moralischen Komponente eines politischen Mordes als die innere Zerrissenheit des jungen Mannes, der anno 1943 vor seinem eigenen Leben in den Untergrund flieht, um Sinn für sich zu finden. Mit großer Anspannung beglaubigt Nils Arztmann dieses Schwelen innerer Konflikte.
In live gesungenen Liedern frönen Nils Arztmann als Hugo und Johanna Mahaffy als Jessica der Romantik der gemeinsamen politischen Mission. Sogar Serge Gainsbourgs Kriminalhymne Bonnie and Clyde schmettern sie gekonnt ins T-Bone-Mikrofon (musikalische Leitung: Karsten Riedel, Daniel Feik). Ebenso Regina Spektors Revolte-Song Après Moi. Mahaffy stürmt zum Reisekoffer, reißt den Deckel auf, zieht ein Mikrofon heraus und singt überaus gefühlvoll hinein. Man kann sich angesichts dessen niemand Besseren für eine Lady-Gaga-Nachahmung vorstellen.
Es ist auch Jessica, die Hugo dirigiert und somit den zentralen Disput zwischen Hoederer und ihm anbahnt. Irgendwann liegt der geplante Politmord offen in der Luft, und in der leger schlenkernden Gestalt Günter Franzmeiers pariert dieser nun in Lebensgefahr schwebende Hoederer die Drohung souverän. Wie sehr sich diese beiden politisch voneinander abweichenden Männer doch ähneln und sich gegenseitig sogar sympathisch finden, bis hin zur Umarmung, beglaubigt ein bis in die kleinste Geste austariertes Spiel voll unheimlicher Spannung.
In weiteren Rollen sind Michael König als Vertreter der bürgerlichen Partei, Roman Schmelzer als Prinz des Regenten und Oliver Rosskopf als einfältiger, aber schwer bewaffneter Security zu sehen. Ein gelungener Start für das Theater in der Josefstadt, dessen Ensemble durchgehend glänzt.
(Der Standard)
Ein ungemein packendes Duell der Argumente, ein geglückter Saisonauftakt.Johanna Mahaffy spielt ihre schillernde Figur mit enormer Präsenz und Schlagfertigkeit. Günter Franzmeier darf als einsamer Stratege mit väterlicher Güte Überlegenheit ausspielen.
(KURIER)
Nils Arztmann ist als jugendlicher Revolutionär Hugo von der ersten Szene emotional am Anschlag. Johanna Mahaffy singt hinreißend rauchige Chansons zwischen den Szenen. Die mit Abstand überzeugendste Figur gestaltet Günter Franzmeier – dieser in sich ruhende, klug weitsichtige Parteichef Hoederer ist der Angelpunkt des Stückes.
Auf der leeren, schwarzen, nebelverhangenen Bühne entstehen zwischen den Szenen stärkste Bilder, wenn Johanna Mahaffy singt und Regisseur Bösch die verlorenen Figuren zu poetischen Tableaus arrangiert. Intensive Schauspieler und starke Bilder.
(Kronen Zeitung)
David Bösch lässt die Figuren nicht lange fackeln. Schnell ziehen sie den Revolver, der eigentlich unentdeckt bleiben sollte. Aber das Wesentliche sind die psychologischen Entwicklungen, die Fußangeln des eigenen Denkens. Im Gegensatz zum nebeligen Sfumato, das die Bühne überzieht, wirf diese Regie mit einem sagenhaft akkuraten Ensemble scharfes Licht auf die Brüche scheinbar unverrückbarer Überzeugungen.
Da ist also Nils Arztmann als Hugo. Intellektuellen-Brille auf der Nase, lange Haare. Schreiberling bei der Parteizeitung. Lustlos malträtiert er die Schreibmaschine, fühlt sich zu Höherem geboren. Ein Mordauftrag? Das scheint ihm das Seine. Mit Verve nimmt er den Auftrag an.
Den Gegenspieler Hoederer, eigentlich ein Erzschurke, formt Günter Franzmeier geradezu zu einem Vorbild an Menschenliebe. Dieser Realpolitiker mit Leib und Seele ist ein Seelendurchschauer sondergleichen. Nie wird Franzmeier laut, jedes Argument sitzt punktgenau und wohl getimt. Das ist gelebtes Charisma.
Die schillerndste Figur freilich ist Hugos Ehefrau Jessica, eine große Rolle für Johanna Mahaffy. Sie lässt mit minimalen Gesten spüren, wie sie von Hoederers Charisma angezogen ist und doch loyal gegenüber Hugo bleiben möchte. Zwischen den Akten stimmt Johanna Mahaffy Chansons an, mit beeindruckender Röhre und zugleich vielen Zwischentönen.
„Die schmutzigen Hände" sind ein packender, vor Spannung bis zur letzten Minute knisternder Psychokrimi.
(nachtkritik.de)
Regisseur David Bösch verlässt sich auf die inhärente Spannung des existenzialistischen Psychothrillers, den er leicht gestrafft in einem minimalistisch-düsteren Setting spielen lässt. Zwischen den Szenen dreht sich die Bühne zu Chansons, effektvoll gesungen von Johanna Mahaffy. Ihr gebührt besonderes Lob innerhalb des ausgezeichneten Trios (Nils Arztmann & Günter Franzmeier). Die recht unzeitgemäße Frauenfigur, die Sartre schuf, bringt sie überzeugend zwischen Hysterie und Kalkül rüber.
(Falter)
Regie
David Bösch
Bühnenbild und Video
Patrick Bannwart
Kostüme
Moana Stemberger
Kostümmitarbeit
Bianca Stummer
Musikalische Leitung
Karsten Riedel
/
Daniel Feik
Dramaturgie
Matthias Asboth
/
Jacqueline Benedikt
Licht
Manfred Grohs
Hugo
Nils Arztmann
Hoederer
Günter Franzmeier
Jessica
Johanna Mahaffy
Olga
Nanette Waidmann
Louis / Der Prinz
Roman Schmelzer
Karsky
Michael König
Ivan / Georges
Alexander Absenger
Slick
Oliver Rosskopf