Premiere: 12.01.2017
Peter Turrini
Sieben Sekunden Ewigkeit
Uraufführung
ca. 1 Stunde, 30 Minuten, keine Pause
Ich habe mich über Jahre immer wieder mit Hedy Lamarr beschäftigt, Bücher über sie gelesen, Filme mit ihr und über sie gesehen, und immer war der Gedanke da, ein Theaterstück über sie zu schreiben. Dieser so widersprüchliche Mensch hat mich nachhaltig in den Bann gezogen. Sie galt als die schönste Frau der Welt und war am Ende von Schönheitsoperationen entstellt. Ihr Bild als Filmschauspielerin wurde reduziert auf einen kurzen Nacktauftritt in einem ihrer Filme, und gleichzeitig war sie ein technisches Genie, Erfinderin einer Technologie, welche die heutige Telekommunikation erst ermöglichte. Sie sehnte sich ein Leben lang nach Zugehörigkeit und zerstörte sie, wenn sie sich einstellte. Sie war unfassbar für ihre Umgebung und wohl auch für sich selbst. Sie flog durch ihr Leben wie ein unbeirrbarer stolzer Vogel und war doch ständig von Abstürzen bedroht.
Ich habe lange nach einer Form für mein Stück über Hedy Lamarr gesucht. Ihrer realen Biographie zu folgen, das wollte ich nicht, so etwas können Bücher und Dokumentationen besser. Ich habe ein literarisches Stück geschrieben, aus Vorfindungen wurden Erfindungen. Ein Stück, welches nicht den äußeren Ereignissen nachspürt, sondern dem Wesen dieser außergewöhnlichen Frau.
Peter Turrini, 2016
——— Höhere Tochter, Hollywoodschönheit, Erfinderin - das Leben hatte Hedwig Kiesler einiges zu bieten. 1914 als Tochter eines aus Lemberg zugewanderten Bankiers in Wien geboren, wurde sie von ihren Eltern früh in die Welt der Kultur eingeführt. Schon als Kind entwickelte sie den Wunsch, zur Bühne und zum Film zu gehen, was von den Eltern, so kunstbeflissen diese auch waren, nicht gern gesehen wurde. Hedy begann ein Studium für Kunst und Design, doch bald gelang es ihr, bei Sascha-Film Fuß zu fassen. Sie ging ans Max Reinhardts Schauspielschule nach Berlin, wo sie mit ihrer Schönheit und ihrem Selbstbewusstsein auf den berühmten Theatermann großen Eindruck machte. Er gab ihr sehr bald die kleine englischsprachige Rolle der "zweiten Amerikanerin" in Das schwache Geschlecht von Édouard Bourdet. 1931 nach Wien zurückgekehrt, besetzt Reinhardt sie auch hier in seiner Inszenierung für das Theater in der Josefstadt mit dieser Rolle. Es folgten weitere Theater- und Filmauftritte, und ein Jahr später drehte sie mit Ekstase jenen wegen der freizügigen Szenen damals spektakulären Film, mit dem sie in die Kinogeschichte eingehen sollte.
Turrini versteht es, Dinge auf den Punkt zu bringen und auch so etwas wie Rührung zuzulassen, was er dieses Mal besonders der Cervik, der er das Stück gewidmet, also irgendwie auf den Leib geschrieben hat, zu verdanken hat. Ein gelungener Abend mit einer lachenden, höhnenden, flehenden, schmeichelnden, und, ja, auch bitteren Sandra Cervik.
(FAZ)
Sandra Cervik bestreitet allein und furios die Uraufführung von "Sieben Sekunden Ewigkeit". Das Stück bietet ein schematisches Bild von Hollywood-Stars, gallige Satire, Zeitgeschichte und etwas ergreifende Poesie.
(Die Presse)
Stephanie Mohrs präzise Regie balanciert das Derbe, die Tragik und die Poesie von Peter Turrinis Text fein aus. Sandra Cervik mit einer fulminanten und beklemmenden schauspielerischen Leistung. Sie ist bei der One-Woman-Performance gefangen in der Kälte der Einsamkeit, erbärmlich, alt, sterbend. Sie ist großartig als abgetakelte Sexbombe. Auf der mit Schaufensterpuppen dekorierten Bühne wird ihr, die sich als Kind gern fortgeträumt hat, die schiefe Ebene mit rotem Teppich zum Boulevard of broken dreams.
(KURIER).
Sandra Cervik verausgabt sich in diesem eineinhalbstündigen Monolog, eine ausgezeichnete Leistung. Sie scheut weder den unansehnlichen Fat Suit der aufgequollenen alten Dame, macht den zunehmenden geistigen Verfall ebenso spürbar wie eine Art tiefer Verzweiflung über ein blindwütig gelebtes Leben. Berührende Momente, für die Sandra Cervik den richtigen Ton ohne jedes Pathos findet. Es findet sich Schmerzhaftes im Monolog ebenso wie sehr heitere Betrachtungen dieser Frau, die sich von Männern zwar aushalten, nie aber festhalten ließ. Eine schöne Theaterfigur, die Turrini da glückte.
(Salzburger Nachrichten)
Sandra Cervik stülpt sich in einem beachtlichen Solo und in wechselvollen Choreografien die Kostüme des Lamarr-Lebens über einen gepolsterten Nacktsuit – von der großen Robe bis zum rosaroten Hollywood-Senioren-Pyjama. Sie vermag in diesem als Bekenntnisgespräch mit einem Polizisten gebauten Stück einiges von jener Verve zu entfachen, von der die Lamarr vermutlich beseelt war: Schalk, Glanz, Kraft, Tristesse.
(Der Standard).
Sandra Cervik agiert unter totaler Zurücknahme der eigenen Person ohne Eitelkeit . Mit zurückhaltender Selbstentäußerung zeigt sie mit Mut zur Entstellung den gealterten Star, der möglicherweise gar keiner war, sondern eher eine Frau, die ein gutes Leben gefordert hat. Und als diese in Hollywood eine gequälte Mexikanerin darstellen soll und sie der Produzent fragt: "Wo bleibt der Schmerz", ahnt man zu verstehen, was die leibhaftige Lamarr erlebt haben muss, das sie gegen jedweden Schmerz gewappnet hat. Und das zeigt, was für ein großer Menschenversteher Peter Turrini ist.
(NEWS)
Peter Turrini nähert sich in seiner jüngsten Arbeit dem Phänomen Hedy Lamarr. Lange schon ist der Dichter von dieser Frau fasziniert, die sich bei ihm selbst als die schönste und gleichzeitig klügste der Welt bezeichnen darf. Sein Stück bewegt sich eng entlang der Biografie der Hollywoodschauspielerin und Erfinderin, und ist gleichzeitig weitergreifend eine Folie, auf der er Zeitgeschichte und Themen zur Zeit spiegelt.
Turrini hat der fulminanten Sandra Cervik den Text auf den Leib geschneidert und sie spielt ihn mit vollem Körpereinsatz; mit Perückenunterziehhaube und im Fatsuit macht sie aus dem Monolog den wütenden Verzweiflungsschrei einer derangierten, einer ausrangierten Diva.
Das erprobte Team Mohr-Cervik zeigt sich mit dieser Aufführung erneut von seiner besten Seite. Stephanie Mohr hat Sandra Cervik sehr präzise und prägnant in Szene gesetzt; es ist stets die Stärke der Regisseurin ihre Schauspieler schillern zu lassen – und so tut’s die Cervik auch diesmal. Am Ende gab’s viel Applaus für alle Beteiligten und einen glücklich gerührten Peter Turrini.
(Mottingers Meinung)
In "Sieben Sekunden Ewigkeit" lässt Peter Turrini Sandra Cervik die fiktionalisierte Geschichte von Hedy Lamarr durchleben, die auf ihr Leben als einstige "schönste Frau der Welt" zurückblickt. Stephanie Mohr fand dafür die richtigen Bilder. Ihre zurückhaltende Regie bringt die Tragik, die dem Text inne wohnt, voll zur Geltung. Hier ist ein außergewöhnlicher Theaterabend entstanden.
(APA)
Peter Turrinis Hommage an Hedy Lamarr ist eine artistische Mischung aus Stationen- und Psychodrama, an Sprachmusik reichem Herzkammerspiel, Tragikomödie über den Traum von der ewigen Jugend und Schönheit. Sandra Cervik meistert die Herausforderung des 90-minütigen Monologs durch ihre enorme Wandlungsfähigkeit, durch ihren permanenten Wechsel zwischen Tragik und Ironie grandios. Ein vielschichtiges Glanzstück!
(Kleine Zeitung)
Mit der Uraufführung von "Sieben Sekunden Ewigkeit" unter stürmischen Publikumsjubel aus der Taufe gehoben, setzt Peter Turrini Lamarr in seiner aus "Vorerfindungen in Erfindungen" umgestalteten Bühnen.Biografie ein Denkmal. In Spielfilmlänge und pausenlos entrollt sich da, getragen von Witz, Zynismus, Verzweiflung und unbändigem Überlebenswillen, der Weg vom (zu) jungen Ehe-Schmuckstück eines österreichischen Waffenproduzenten über die Hollywood-Stilikone zur abgehalfterten Diva, der das Altern nicht verziehen wird. Regisseurin Stephanie Mohr verzichtet auf Effekte, sie lässt allen Raum der Schauspielerin und kann auf Sandra Cervik sichtlich vertrauen. Uneitel und hochkonzentriert zeigt diese die unzähligen Gesichter der über die reale Person Hedy Lamarr hinausragenden Bühnenfigur. Ihr verdankt sich damit ein sentimentaler, sehenswerter Theaterabend.
(Tiroler Tageszeitung)
Regie
Stephanie Mohr
Bühnenbild
Miriam Busch
Kostüme
Alfred Mayerhofer
Musik
Wolfgang Schlögl
Dramaturgie
Matthias Asboth
Dramaturgie
Barbara Nowotny
Video
Philine Hofmann
Licht
Manfred Grohs
Statisterie
Jörg Reifmesser
Die Frau
Sandra Cervik