Premiere: 16.10.2021
Peter Preses / Ulrich Becher
Der Bockerer
Tragische Posse
ca. 2 Stunden, 40 Minuten (Pause nach ca. 65 Minuten)
Volk,
Volk,
Volk,
Volksgemeinschaft
-
was macht's denn aus dem Volk?
Karl Bockerer
Wer kennt ihn nicht − den bockigen Fleischhauer aus der Paniglgasse, der sich den Anordnungen der Nationalsozialisten widersetzt? "Was braucht mi a Nürnberger Gesetz schützn, wann i mit’n Rosenblatt Tarock spiel? I bin a Weaner." ist Bockeres Maxime. Dabei ist Karl Bockerer alles andere als ein Widerstandskämpfer - er ist ein Mensch mit Herz, der in der Zeit der Barbarei auf Humanität pocht und sich dabei kein Blatt vor den Mund nimmt.
Die beiden Autoren Ulrich Becher und Peter Preses flohen vor den Nationalsozialisten aus ihrer Heimat. In der Fremde schufen sie die Figur des unbeugsamen Wieners: den Bockerer.
Johannes Krisch nominiert als bester Schauspieler für den Nestroy-Preis 2022.
"Der Bockerer" ist ein Prachtstück von Ulrich Becher und Peter Preses. Einer der Glücksfälle, hinter die ein handwerklich erstklassiger Regisseur zurücktreten muss. Ein großer Protagonist tut dann noch das Nötige. Der steht hier ebenso zur Verfügung wie der inszenierende Könner Stephan Müller. Johannes Krisch findet zu einer überzeugenden Deutung, ein großer Schauspieler. Mit ausgezeichneten Partnern verantwortet er einen sehenswerten Abend.
(Kronen Zeitung)
Ein brillanter Hauptdarsteller!
(Nachtkritik.de)
Ein Coup ist dem Theater in der Josefstadt geglückt. Euphorischen Applaus und Standing Ovations gab es nach der Premiere von "Der Bockerer". Gefeiert wurde die zügige, einfallsreiche und furiose Inszenierung des Schweizers Stephan Müller, vor allem aber auch Johannes Krisch, der dem bürgerlichen Fleischhauer und Selchermeister bemerkenswerte Tiefe verlieh. Müller und seinem Regieteam sind eine Menge kräftiger Bilder eingefallen. Das Ensemble gibt Wiener Originale und deutsche Pendants mit Liebe zum Detail, das Kraftzentrum ist der brillante Krisch. Die Gags zünden.
(Die Presse)
Der Bockerer aus der Josefstadt ist ein deutlich ungemütlicherer Kerl, als man ihn aus der Filmfassung kennt. Aber das hat auch viel mit Johannes Krisch zu tun, der bei der Premiere mit Standing Ovations bedacht wurde. Und so viel lässt sich schon jetzt sagen: Diese grundsolide und grundsympathische Inszenierung wird nicht mehr so schnell vom Spielplan verschwinden. Zügig kommt man auf der von Sophie Lux mit einigen Versatzstücken gestalteten Drehbühne zur Sache. "Ungebrauchte Hakenkreuzfahne billig abzugeben" steht auf dem Schild, das der Bockerer vor seine Metzgerei hinstellt. Wird der Fleischermeister vor die Gestapo zitiert, behält er seine blutige Schürze an. Die Vernehmung führt ein Dr. No mit riesigen Schulterpolstern (Ulrich Reinthaller), statt mit Namen schmeißt der Bockerer mit Wuchteln um sich. Es ist diese Balance aus Witz und Klischees, die Regisseur Stephan Müller routiniert hinbekommt: Die Wochenschau flimmert, die Handkameras wackeln, die NS-Chargen geben ein Schattenspiel. Mit der Konzentration auf die Brüche im eigenen Umfeld wird das Spiel schließlich dichter und der Bockerer des Johannes Krisch konturierter. Der Tod von Kommunistenfreund Hermann bringt das Verhältnis zum Nazisohn ins Wanken, die gallige Seite des Bockerer übernimmt, der weinselige Fleischhauer tritt in den Hintergrund. Das tut dem Abend gut, der mit einer bösen Wendung und eindrücklicher Hitler-Persiflage von Martin Zauner endet.
(Der Standard)
Johannes Krisch legt den Bockerer zart, sensibel, verletzlich an – eine grandiose Darstellung. Hinreißend und fantastisch.
(KURIER)
Seit der umjubelten Premiere am Samstag im Theater in der Josefstadt ist Johannes Krisch die perfekte Verkörperung des widerspenstigen Fleischhauermeisters aus der Feder von Ulrich Becher und Peter Preses. Schlagfertig und bissig hat er das Herz am rechten Fleck.
(Kleine Zeitung)
Endlich hat Johannes Krisch zeigen können, wie er den Fleischhauer Karl Bockerer anlegt: deutlich kantiger, verbitterter, kämpferischer, schlicht weniger gemütlich-verbindlich als die Darstellung von Karl Merkatz, die sich auf ewig in das nationale Gedächtnis Österreichs eingebrannt hat. Standing Ovations für Krisch. Krischs Bockerer riskiert viel. Er stellt sich gegenüber dem Gestapo-Verhörspezialisten (Ulrich Reinthaller, der in einer Doppelrolle auch den jüdischen Tarockpartner Dr. Rosenblatt spielt, der später als US-Offizier zurückkehrt) dumm und brilliert in einer slapstickartigen Nummer, in der beim Aufhängen einer viel zu langen Nazifahne diese zur Roten Fahne mutiert. Als aber dem durch den Tod des Sohnes halb verrückt gewordenen Bockerer der wiederauferstandene Führer erscheint (der sich kurz darauf als aus Steinhof entsprungener Patient entpuppt), kennt das Publikum kein Halten mehr. Langer, kräftiger Beifall.
(APA)
Der Trumpf der knapp dreistündigen Aufführung ist indes fraglos Johannes Krisch. Wie der ehemalige Burg-Schauspieler die Titelfigur verkörpert, geht einem ans Herz. Krisch steht als Bockerer den Ereignissen seit der Machtübernahme der Nazis zunehmend fassungslos gegenüber, allein das Aufhängen einer NS-Fahne wird zur Demonstration von Macht und Ohnmacht. Kleine Gesten entfalten hier große Wirkung, all das erzählt viel über den Wahnsinn eines Alltags in einer Diktatur. Krisch, am Zenit seines Könnens, porträtiert überzeugend eine Bühnenfigur im Ausnahmezustand, ein sympathischer Rappelkopf, der von seinen Emotionen überrollt wird. Aus dem 14-köpfigen Ensemble ragt Martin Zauner in Mehrfachrollen als ebenbürtiger Spielpartner hervor, vor allem Zauners gewitzte Hitler-Parodie gerät am Ende der Inszenierung zu einem fein abgestimmten Pas-de-deux der Akteure.
"Der Bockerer" ist ein Fest für Johannes Krisch, das Premierenpublikum dankte es ihm mit minutenlangen Standing Ovations. Was für ein Theatermoment!
(Wiener Zeitung)
Regie
Stephan Müller
Bühnenbild und Video
Sophie Lux
Kostüme
Birgit Hutter
Musik
Nikolaj Efendi
Dramaturgie
Barbara Nowotny
Licht
Pepe Starman
Karl Bockerer, bürgerlicher Fleischhauer und Selchermeister
Johannes Krisch
Sabine, Bockerers Frau, genannt Binerl
Ulli Maier
Hans, beider Sohn
Tobias Reinthaller
Hatzinger, pensionierter Postoffizial
Johannes Seilern
Dr. Rosenblatt, Rechtsanwalt/Dr. von Lamm, der Geheimen Staatspolizei Wien zugeteilt
Ulrich Reinthaller
Rayonsinspektor Guritsch/Berliner Parteigenosse/Herr Blau
Alexander Strömer
Der Hermann, Eisenbahner/Alois Selchgruber
Martin Zauner
Die Frau vom Hermann/Wastl, Weinwirtin im Kahlenbergerdorf/Frau Blau/"Madame", im Café Tosca
Susanna Wiegand
Ferdinand Gstettner, SS-Mann/Zweiter Blaubemützter
Oliver Rosskopf
Mizzi Haberl/Sekretärin
Juliette Larat
Dr. Galleitner, Philosoph/Berliner Parteigenosse/Zweiter Unauffälliger/Erster Blaubemützter
Thomas Frank
Knabe, ein Uhrmacher aus Berlin/Berliner Parteigenosse/Radioansager/Erster Unauffälliger/Abgesandter des Propagandaministeriums
Marcus Bluhm
Alois Selchgruber
Martin Zauner
Kameramann
Michael Würmer