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Theater in der Josefstadt
Premiere: 13.10.2022

Alexander Nikolajewitsch Ostrowskij

Der Wald

ca. 2 Stunden, 45 Minuten (Pause nach ca. 85 Minuten)

Aus dem Russischen von Ulrike Zemme

Hungern kann jeder, aber Geld mit Eleganz ausgeben, das kann nicht jeder. Dazu braucht man einen glasklaren Verstand.
Arkadij

Wo fließen die "echten" Tränen? Auf der Bühne oder im wahren Leben? Der russische Dramatiker Alexander Ostrowskij stellt in seiner 1871 uraufgeführten Komödie zwei zerlumpten russischen Provinzschauspielern eine reiche, hedonistische Gesellschaft gegenüber. Nicht nur die Bretter, die die Welt bedeuten, trennen dabei Schauspieler von angesehener Gesellschaft, sondern auch diametrale Wertvorstellungen. In seinen facettenreichen Figuren vereint Alexander Ostrowskij meisterhaft die Bandbreite menschlicher Eigenschaften und Eigensinnigkeiten und macht so sein Stück zum Abbild der Menschheit.

Zu ihrem sechzigsten Bühnenjubiläum steht Andrea Jonasson, die Grande Dame der Schauspielkunst, endlich wieder auf der Bühne des Theaters in der Josefstadt. An ihrer Seite sind als vagabundierende Schauspieler die beiden Publikumslieblinge Herbert Föttinger und Robert Meyer zu erleben. Robert Meyer, ehemaliges langjähriges Ensemblemitglied des Burgtheaters und erfolgreicher Direktor der Volksoper, wird als Komödiant Arkadij sein Josefstadt-Debüt geben.

Stephan Müller inszeniert selten gespielte Komödie von Alexander Ostrowskij - Föttinger, Meyer und Jonasson brillieren inmitten eines starken Ensembles. Im Theater in der Josefstadt zeigt man, wie viel man aus diesem selten gespielten Werk herausholen kann. Es ist eine reine Freude, den beiden (Ex-)Direktoren zuzuschauen, wenn sie Glanz und Schmach des Schauspielerdaseins lustvoll explorieren. Während sich Jonasson - grandios zwischen intriganter Herrscherin und machtloser Witwe changierend - nur oberflächlich über die Rückkehr des verlorenen Neffen freut, gerät der auserwählte Bräutigam der Nichte (zum Schreien komisch: Claudius von Stolzmann) ins Schwitzen. Und so galoppiert diese Inszenierung durch das weite Land von Lug und Betrug, von Schein und Sein und bietet dank der großen Spielfreude und meisterhaften Rollenausgestaltung einen Abend, der von viel Zwischenapplaus und Gelächter aus dem Saal begleitet wird.
(APA)

Stephan Müller steht für diskrete, dem Text verpflichtete Regiekunst. Und diesbezüglich fehlt es in keiner Hinsicht. Müller entwirft eine rasende, bis ins Absurde überdrehende Hochdruckkomödie, besetzt von Karikaturen, die dennoch keine Delikatesse vermissen lassen. Mit welch vergifteter Anmut die große Andrea Jonasson die Rolle der Gutsherrin zum Schweben bringt! Robert Meyers und Herbert Föttingers Pas de deux der Schmieristen hebt di Ereignisse auf Beckett- und Bernhard-Höhe.
(Kronen Zeitung)

Wenn Könner von Weltformat theatralische Pirouetten drehen! Mit Herbert Föttinger und Robert Meyer ist ein komödiantisches Traumduo zu erleben. Eines, das sich die Pointen nur so zuwirft, das in seinen verbalen Spiegelfechtereien an die großen Charaktere eines Thomas Bernhard oder Samuel Beckett erinnert. Die nicht mehr ganz so reiche Gutsbesitzerin, die noch einmal auf ein sexuelles Erweckungserlebnis wartet, wird von der längst legendären Andrea Jonasson mit einer Grandezza, einer Größe gegeben, dass es eine Freude ist. Neben diesem Trio agiert ein Traumensemble. Etwa Claudius von Stolzmann oder Marcello de Nardo und eine Ansammlung fabelhafter Charaktere, die Stephan Müller exzellent führt.
(KURIER)

Wenn Herbert Föttinger und Robert Meyer zwei abgesandelte Provinzschauspieler geben, dann ist das großes Theatertheater. Doch die beiden haben mehr zu bieten als selbstreflexives Geblödel. Deren Komik fehlt die Tragik nicht. Andrea Jonasson brilliert. Michael König und Robert Joseph Bartl dürfen Gutsbesitzer und Offizier als süffige Karikaturen spielen. Johanna Mahaffy verleiht der verliebten Axinja Seelentiefe. Komisches, tragisches, kluges Theater.
(Die Presse)

In Stephan Müllers Adaption von Alexander Ostrowskijs brillanter Tragikomödie "Der Wald" zitiert das elegante, ganz in schwarz-weiß gehaltene Bühnenbild von Sophie Lux etwa die Formensprache des russischen Konstruktivismus der 1920er-Jahre; auf einer mondförmigen Leinwand werden Videos projiziert, die an die Stummfilm-Ästhetik der Revolutionsjahre erinnern. Birgit Hutters Kostüme sind wiederum dem Dresscode des 19. Jahrhunderts verhaftet. Die Nebenfiguren auf der Bühne - Dienstboten wie Bauern - legen einen so gekünstelten wie körperbetonten Spielstil an den Tag, der irgendwo zwischen Commedia dell‘arte und Meyerholds Biomechanik angesiedelt ist. "Der Wald" an der Josefstadt ist Theater in Star-Besetzung. Andrea Jonasson spielt die reiche Gutsbesitzerin Raissa Pawlowna mit der ihr eigenen Grandezza; bei dieser Schauspielerin passt und verfängt jeder Satz, schier ewig könnte man ihr lauschen. Flankiert wird sie vom ehemaligen Volksopern-Direktor Robert Meyer und Josefstadt-Impresario Herbert Föttinger: Die profilierten Theatermacher spielen ein herrlich abgehalftertes Schauspieler-Duo. Meyer legt die komödiantische Rolle des Arkadij Stschastliwzew als liebenswerten Stinkstiefel an - und trifft die Pointen punktgenau. Föttinger spielt den Tragöden Gennadij Nestschastliwzew in bewährter Manier, hält die Szenen kraftvoll zusammen. Die Traditionsbühne lässt das Schauspielertheater alter Schule hochleben. Ein mittlerweile rarer Genuss.
(Wiener Zeitung)

Eine dicke, russophile Commedia dell’Arte mit prächtigen Typen. Bei der Gutsbesitzerin – sie wird von Andrea Jonasson im dramatischen Witwenornat triumphal verkörpert – gehen Geld und Gefühle zwingend Hand in Hand.
(Der Standard)

Andrea Jonasson darf anlässlich ihres 60. Bühnenjubiläums als in jeder Hinsicht berechnende Raissa Gurmyschkaja glänzen. Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger (Genadij Nestschastliwzew) und der ehemalige Volksopern-Chef Robert Meyer (Arkadij Stschastliwzew) schlüpfen mit sichtbarem Eifer in die Rollen der glücklosen Provinzschauspieler. Fein traurig-komisch agiert Meyer, eher polternd legt Föttinger seine Figur an. Lacher ernten die beiden zahlreich. In "Der Wald" ist das "Spielen", das Täuschen und Tarnen, Devise. Marcello De Nardo zeigt das als Holzhändler Wosmibratow hervorragend, ehrlich begeistern muss jedoch Claudius von Stolzmann, der als Ex-Gymnasiast, Schmarotzer und letztendlich Zukünftiger der Gutsherrin alle Register inklusive absurdeleganter Balletteinlagen ziehen darf.
(Tiroler Tageszeitung)

Robert Meyer und Herbert Föttinger chargieren schamlos – ein echter Spaß. Die große Andrea Jonasson, selbst bereits 80 Jahre und von faszinierender Jugendlichkeit, zeichnet die alte Witwe facettenreich. Neben Strenge, Härte und Geiz bleibt Raum für Zartheit, für die Echtheit der heimlichen Liebe zum blutjungen Alexej – Claudius von Stolzmann harlekinesk mit Trippelschritten und Tanzeinlagen auf gelungener Gratwanderung zwischen Einfalt und Selbstüberschätzung. Die gesamte Aufführung ist von großer Spielfreude geprägt.
(junge Welt)

Es lacht sich, wenn der Josefstadt-Direktor als Schmierenkomö…, pardon: großer Tragöde Gennadi die eigene Eitelkeit aufs Korn nimmt. Sein Kollege Robert Meyer dagegen ist Meister im Unterspielen, bezieht Komik aus schüchternem Schauen. Glorreiche Schmierenmomente (zu verdanken auch Andrea Jonasson und Claudius von Stolzmann).
(Falter)

Publikumslieblinge. Andrea Jonasson, die ihr 60-jähriges Bühnenjubiläum feiert, spielt die elegante Gutsbesitzerin, Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger ist als erfolgloser Provinztragöde Gennadij zu sehen und der ehemalige Volksopern-Direktor Robert Meyer reüssiert als Komödiant Arkadij. Mit ihnen und einem insgesamt guten Ensemble gelingt ein amüsanter Abend rund um Verstellung, Leidenschaft und Menschlichkeit.
(Die Furche)

Regie
Stephan Müller

Bühnenbild und Video
Sophie Lux

Kostüme
Birgit Hutter

Musik
Thomas Haas

Musik
Matthias Jakisic

Dramaturgie
Barbara Nowotny

Licht
Pepe Starman

Raissa Pawlowna Gurmyschskaja, Gutsbesitzerin
Andrea Jonasson

Axinja Danilowna (Axjuscha), ihre arme Verwandte
Johanna Mahaffy

Jewgenij Apollonytsch Milonow, Gutsbesitzer
Michael König

Uar Kirilytsch Bodajew, Kavallerieoffizier a.D.
Robert Joseph Bartl

Iwan Petrow Wosmibratow, Holzhändler
Marcello De Nardo

Pjotr, sein Sohn
Tobias Reinthaller

Alexej Sergejewitsch Bulanow
Claudius von Stolzmann

Gennadij Nestschastliwzew
Herbert Föttinger

Arkadij Stschastliwzew
Robert Meyer

Karp, Diener
Alexander Strömer

Ulita, Haushälterin
Susanna Wiegand